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Das Arztzeugnis: Alles, was Sie wissen müssen!

Simon Grenacher
Mittwoch, 28. August 2024

Definition und Zweck

Was ist ein Arztzeugnis?

In der Schweiz ist das Arztzeugnis ein unverzichtbares Dokument im Arbeitsrecht, das über die Arbeitsfähigkeit von Arbeitnehmenden Auskunft gibt.

Auch bekannt als Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung oder Krankmeldung, spielt es eine entscheidende Rolle als Beweismittel im Falle von Krankheit sowohl für Arbeitnehmende als auch für Arbeitgebende.

Doch welche rechtlichen Grundlagen regeln die Ausstellung eines Arztzeugnisses? Welche Bedeutung hat es für den Arbeitsalltag in der Schweiz?

In diesem Beitrag werden wir uns eingehend mit diesen Fragen beschäftigen und Ihnen alles Wissenswerte rund um das Arztzeugnis in der Schweiz näherbringen.

Das Arztzeugnis in der Schweiz

In welchen Situationen benötigt man ein Arztzeugnis?

Ein Arztzeugnis ist grundsätzlich ein Dokument, welches die Arbeitsunfähigkeit bescheinigt. Dies wird dann benötigt, wenn es im Arbeitsvertrag so vorgesehen ist. Zudem werden diese oft auch bei längeren Absenzen zwecks Beweissicherung einverlangt.

In der Regel benötigt man ein Arztzeugnis in folgenden Situationen oder aus folgenden Gründen:

Krankheit oder Unfall: Wenn Arbeitnehmende aufgrund einer Krankheit oder eines Unfalls arbeitsunfähig sind und dies gegenüber den Arbeitgebenden nachweisen müssen.

Ansprüche auf Lohnfortzahlung: Um die Arbeitsunfähigkeit offiziell zu dokumentieren und die Ansprüche auf Lohnfortzahlung oder Krankengeld geltend zu machen.

Für rechtliche Absicherung: Um im Falle von arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen oder für den Schutz vor Kündigung aufgrund von Krankheit dokumentierte Beweise zu haben.

Schul- und Hochschulwesen: Auch im schulischen oder universitären Kontext kann ein Arztzeugnis erforderlich sein. Schüler:innen und Studierende müssen oft ein solches Zeugnis vorlegen, wenn sie Prüfungen oder wichtige Veranstaltungen aufgrund von Krankheit versäumen, um Nachholtermine oder Verlängerungen für Abgaben zu beantragen.

Versicherungsangelegenheiten: In der Schweiz spielen Versicherungen eine grosse Rolle im Gesundheitswesen. Ein Arztzeugnis kann erforderlich sein, um Leistungen von Unfallversicherungen, Invalidenversicherungen oder privaten Krankenzusatzversicherungen zu beantragen. Diese Versicherungen verlangen oft eine detaillierte Dokumentation der gesundheitlichen Situation des oder der Versicherten.

Behörden und Ämter: Für bestimmte behördliche oder amtliche Verfahren kann ein Arztzeugnis notwendig sein, beispielsweise bei der Beantragung von Sozialleistungen oder bei gerichtlichen Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit der Gesundheit.

Medizinische Rehabilitationsmassnahmen: Wenn Arbeitnehmende an medizinischen Rehabilitationsmassnahmen teilnehmen müssen, kann ein Arztzeugnis erforderlich sein, um die Notwendigkeit und den Umfang der Reha-Massnahmen zu dokumentieren und gegenüber den Arbeitgebenden und der Krankenkasse zu begründen.

Ein Arztzeugnis ist daher nicht nur ein Nachweis der gesundheitlichen Einschränkung, sondern auch ein wichtiges Instrument zur Sicherung der Rechte und Pflichten sowohl der Arbeitgebenden als auch der Arbeitnehmenden.

In folgenden Situationen oder aus folgenden Gründen wird ein Arztzeugnis benötigt

Inhalt

Das Arztzeugnis muss bestimmte Anforderungen erfüllen, damit es gültig ist. Eine konkrete Formvorschrift gibt es jedoch nicht. Auch eine E-Mail des Arztes ohne Unterschrift kann als Beweis herangezogen werden.

Diese Bestätigung gewährleistet die Authentizität und Verbindlichkeit des Dokuments.

Inhaltliche Angaben: Das Arztzeugnis sollte mindestens folgende Informationen enthalten:

  • Dauer der Arbeitsunfähigkeit: Es muss deutlich angegeben sein, für welchen Zeitraum Arbeitnehmende arbeitsunfähig sind. Die genaue Dauer kann jedoch zu Beginn der Arbeitsunfähigkeit in der Regel nicht angegeben werden. Es wird deshalb eine Mindestdauer angegeben, welche jedoch immer wieder verlängert werden kann. Der genaue Zeitraum kann deshalb in der Regel bei einem Arbeitsunfähigkeitszeugnis noch nicht angegeben werden.
  • Angabe der Ferienunfähigkeit: Was noch angegeben werden sollte, ist, ob die Person auch ferienunfähig ist. Denn Arbeitsunfähigkeit ist nicht gleich Ferienunfähigkeit. Das bedeutet: Wenn jemand z.B. zwei Wochen in den Ferien ist und in dieser Zeit arbeitsunfähig jedoch nicht ferienunfähig ist, diese Person sich die Ferientage trotzdem anrechnen lassen müsste. Ist sie hingegen ferienunfähig, dann müssen die Ferientage nicht angerechnet werden, da der Zweck der Ferien, die Erholung, nicht erfüllt werden kann.

Klarheit zur Dauer der Arbeitsunfähigkeit: Im Normalfall gibt die Ärztin oder der Arzt eine Mindestdauer der Arbeitsunfähigkeit an. Vor Ablauf dieser Dauer findet eine neue Konsultation statt, bei der die Arbeitsunfähigkeit gegebenenfalls verlängert wird.

Ein Arztzeugnis dient dazu, die Beweiskraft der behaupteten Arbeitsunfähigkeit zu stärken. Wie dieses Arbeitsunfähigkeitszeugnis genau ausgestaltet wird, ist jedoch nicht vorgeschrieben.

Das Arztzeugnis muss folgende inhaltliche Vorgaben erfüllen

Rechte und Pflichten der Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden

Lohnfortzahlung

Die Lohnfortzahlung bei Krankheit ist in der Schweiz gesetzlich geregelt gemäss Artikel 324a OR, um die finanzielle Sicherheit der Arbeitnehmenden zu gewährleisten:

  • Anspruch auf Lohnfortzahlung: Gemäss dem Obligationenrecht (OR) haben Arbeitgebende die Pflicht, ihren Arbeitnehmenden den vollen Lohn weiterzuzahlen, wenn diese krankheitsbedingt arbeitsunfähig sind. Diese Regelung soll sicherstellen, dass Arbeitnehmende auch während ihrer Krankheit finanziell abgesichert sind. Diese Lohnfortzahlungspflicht besteht nur für einen begrenzen Zeitraum. Für deren Dauer wird entweder die Zürcher, Basler oder Berner Skala angewendet.
  • Krankentaggeldversicherung: Da die Lohnfortzahlungspflicht demgemäss nach wenigen Wochen endet, besteht die Problematik, dass bei langer Arbeitsunfähigkeit, der Arbeitnehmende mehrere Monat ohne Lohn zurecht kommen müssen. Bis die IV eine Rente zahlt, vergehen in der Regel mindestens zwei Jahre. Es bestünde somit für einen langen Zeitraum kein Einkommen. Aus diesem Grund haben die meisten Arbeitgebenden eine Krankentaggeldversicherung abgeschlossen. Demnach erhalten Arbeitnehmende für 720 Tage in der Regel 80% des Lohnes weiterhin ausbezahlt. Es kann folglich das Lohnausfallrisiko bei langer Krankheit verhindert werden.

Die Krankentaggeldversicherung ist ein bedeutsames Instrument, das sowohl Arbeitgebende als auch Arbeitnehmende vor den finanziellen Folgen längerer Krankheitszeiten schützt.

Regelungen für die finanzielle Sicherheit der Arbeitnehmenden

Zeitpunkt der Vorlage eines Arztzeugnisses:

Arbeitgebende haben das Recht festzulegen, ab welchem Tag Arbeitnehmende ein Arztzeugnis vorlegen müssen, um die Krankheit zu bestätigen. Diese Vorgabe soll sicherstellen, dass die Arbeitsunfähigkeit rechtzeitig dokumentiert wird und der Lohn weiterhin korrekt gezahlt werden kann. Die meisten Betriebe handhaben es so, dass ein Arztzeugnis ab dem dritten Krankheitstag den Arbeitgebenden vorgelegt werden muss. 

Langfristige Krankheit oder Unfall während der Ferien:

Bei längerer Arbeitsunfähigkeit können die Ferien gekürzt werden. Bei unverschuldeter Arbeitsunfähigkeit werden diese nach Art. 329b Abs. 1 OR ab dem zweiten vollen Monat um jeweils 1/12 gekürzt. 

Das Arztzeugnis und die ärztliche Verantwortung

Ärztinnen und Ärzte tragen eine bedeutende Verantwortung, wenn es um die Beurteilung und Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit ihrer Patient:innen geht:

Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit: Es liegt in der Verantwortung der Ärztinnen und Ärzte, den Gesundheitszustand ihrer Patient:innen genau zu evaluieren und darauf basierend die Arbeitsunfähigkeit zu bescheinigen.

Dies beinhaltet eine fundierte medizinische Einschätzung, die durch die entsprechende Diagnose und gegebenenfalls notwendige Untersuchungen gestützt wird.

Unzulässigkeit von Gefälligkeitszeugnissen: Ärztliche Gefälligkeitszeugnisse sind strikt untersagt. Ein solches Zeugnis liegt vor, wenn eine Ärztin oder ein Arzt die Arbeitsunfähigkeit einer Patientin oder eines Patienten bestätigt, obwohl sie wissen, dass die betroffene Person tatsächlich arbeitsfähig ist. Diese Praxis widerspricht den ethischen Grundsätzen ärztlichen Handelns und kann rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Rückwirkende Arztzeugnisse: In Ausnahmefällen können Ärztinnen und Ärzte rückwirkende Arztzeugnisse ausstellen, wenn die Arbeitsunfähigkeit auch im Nachhinein noch medizinisch beurteilt werden kann.

Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn die Patientin oder der Patient erst später ärztlich behandelt wurde oder wenn die Symptome erst nachträglich eine Einschätzung ermöglichen. Dennoch sollte ein rückwirkendes Arztzeugnis nur dann ausgestellt werden, wenn die medizinische Grundlage dafür klar gegeben ist.

Diese klaren Richtlinien und Verantwortlichkeiten stellen sicher, dass ärztliche Zeugnisse in der Schweiz verlässlich und gerechtfertigt sind. Sie dienen nicht nur dem Schutz der Gesundheit und Arbeitsfähigkeit der Patienten, sondern auch der Rechtssicherheit im Arbeitsrecht. 

Fazit

Zusammenfassung der wichtigsten Punkte zum Arztzeugnis und zur Arbeitsunfähigkeit

Das Arztzeugnis ist das wichtigste Beweismittel bei Streitigkeiten rund um die Arbeitsunfähigkeit. Arbeitgebende sind gesetzlich verpflichtet, ihren Mitarbeitenden Lohnfortzahlung bei Krankheit für eine gewisse Dauer zu gewährleisten. Eine Ausnahme besteht, wenn eine Krankentaggeldversicherung abgeschlossen wurde.

Die Regelungen zur Krankmeldung sind flexibel gehalten, erfordern aber klare Kommunikation zwischen Arbeitnehmenden und Arbeitgebenden. Viele Betriebe verlangen erst ab dem dritten Tag ein Arztzeugnis. Ein offener Austausch und die Einhaltung der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen sind entscheidend für ein reibungsloses Management von Krankheitsfällen im Arbeitsalltag.

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