Eine fristlose Kündigung ist für alle Beteiligten ein einschneidendes Ereignis. Sie kommt zwar eher selten vor, dann aber meist in HR-mässig weniger professionell geführten Unternehmen wie in KMU. Aufgrund ihrer grossen Tragweite will ich in diesem Beitrag die zentralen Fragen zur fristlosen Kündigung stellen und gleichzeitig die Antworten dazu liefern. Antworten, die Sie sowohl als Arbeitgeber wie auch als Arbeitnehmender in der Dienstleistungsbranche kennen sollten.
Freistellung und fristlose Kündigung sind zwei völlig unterschiedliche Dinge. Allerdings spricht jemand davon, fristlos entlassen worden zu sein, so meint er nicht selten eine Freistellung und keine fristlose Kündigung. Eine kurze Klärung ist daher notwendig.
Eine fristlose Kündigung muss sich weder an eine Frist – wie ja der Name bereits sagt – noch an einen bestimmten Zeitpunkt halten. Sie kann somit jederzeit ausgesprochen werden. Das sagt auch das Gesetz ausdrücklich in Artikel 337 Absatz 1 Obligationenrecht.
Auch wenn in der Regel meist der Arbeitgeber fristlos kündigt, das gleiche Recht hat selbstverständlich auch der Arbeitnehmende. Beim Vorliegen wichtiger Gründe kann also sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmende eine fristlose Kündigung aussprechen. Wenn auch die Gründe in der Praxis völlig unterschiedlich sein werden. Doch dazu später unter 6. und 7. mehr.
Gleich vorweg NEIN!
Für eine fristlose Kündigung braucht es sogenannt wichtige Gründe, damit sie rechtsgültig ausgesprochen werden kann. Das Gesetz sagt dazu in Artikel 337 Absatz 2: «Als wichtiger Grund gilt namentlich jeder Umstand, bei dessen Vorhandensein dem Kündigenden nach Treu und Glauben die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden darf.» Diese Generalklausel wird und wurde bereits in zahlreichen Gerichtsurteilen präzisiert und auf viele Einzelfälle angewendet. So, dass heute ziemlich klar ist, was ein wichtiger Grund (für Arbeitgeber oder Arbeitnehmenden) ist und was nicht. Dazu später unter 6. und 7. mehr.
Wohingegen eine «normale» bzw. ordentliche Kündigung aufgrund der Vertragsfreiheit im Schweizer Recht auch ohne besondere Gründe rechtsgültig ausgesprochen werden darf.
Liegen also keine wichtigen Gründe vor, so darf immer nur «normal» gekündigt werden und nicht fristlos.
Wird dies trotzdem gemacht, was in der Praxis immer mal wieder vorkommt, so wird ein angerufenes Gericht die illegale fristlose Kündigung einfach als ordentliche Kündigung betrachten und, möglicherweise zusätzlich zum Lohn bis Ende der Kündigungsfrist, auch noch einen Schadenersatz zusprechen (Artikel 337c Absatz 3 Obligationenrecht). Also sowas wie eine «Strafe» für die ungerechtfertigt erfolgte fristlose Kündigung.
Nein! Auch eine fristlose Kündigung muss interessanterweise – wie eine ordentliche Kündigung auch – nicht zwingend schriftlich erfolgen. Sie kann durchaus auch mündlich geschehen. Sie muss bloss dann schriftlich erfolgen, wenn die gekündigte Partei dies verlangt (Artikel 337 Absatz 1 Obligationenrecht).
Allein aus Beweisgründen ist aber dringend zum Empfehlen, eine fristlose Kündigung immer schriftlich auszusprechen.
Oben bei 4. habe ich bereits ausgeführt, dass es für die fristlose Kündigung wichtige Gründe braucht. Was sind nun aber wichtige Gründe, die einen Arbeitgeber zur fristlosen Kündigung berechtigen?
Diese Verfehlungen des Arbeitnehmers rechtfertigen eine sofortige fristlose Entlassung: Straftaten am Arbeitsplatz (z.B. Betrug, Diebstahl, sexuelle Belästigungen etc.), Arbeitsverweigerung, konkurrenzierende Tätigkeit, Verrat von Geschäftsgeheimnissen, Annahme von Schmiergeldern, Tätlichkeiten und schwere Beleidigungen von Vorgesetzten oder Arbeitskollegen.
Bei weniger schwerwiegenden Verfehlungen ist eine fristlose Kündigung erst nach vorangegangener Abmahnung erlaubt: Verspätetes Erscheinen am Arbeitsplatz, einmaliges Wegbleiben vom Arbeitsplatz ohne guten Grund, übermässiges Telefonieren oder Internetbenutzung am Arbeitsplatz, Verstoss gegen Weisungen des Arbeitgebers etc. Allerdings kommt es immer auch auf die Umstände des Einzelfalls und auf die Arbeitsplatzregelungen und Reglemente des Arbeitgebers an.
Aufgepasst: Mangelhafte oder schlechte Arbeitsausführung ist mit Ausnahme ganz krasser Fälle bestenfalls ein Grund für eine ordentliche, nie jedoch für eine fristlose Kündigung.
Selbstverständlich müssen die Vorwürfe den Tatsachen entsprechen. Wird ein Arbeitnehmender fristlos entlassen, weil er verdächtigt wird, einen Diebstahl begangen zu haben, und bestätigt sich der Verdacht nach der Untersuchung nicht, so ist die fristlose Entlassung zu Unrecht erfolgt.
Übrigens: Falls Sie nicht sofort auf einen Grund zur fristlosen Kündigung mit Abmahnung oder eben fristloser Kündigung reagieren, verwirken Sie Ihr Recht auf eine solche. Nach der Gerichtspraxis haben Sie nach einem Vorfall, der Anlass für eine fristlose Entlassung geben könnte, zwei bis drei Arbeitstage Zeit für Ihren Entscheid. Eine sorgfältige Abklärung des Vorfalls gereicht Ihnen aber nicht zum Nachteil, sofern Sie die Abklärungen sofort einleiten.
Welches sind jetzt die wichtigen Gründe, die einen Arbeitnehmenden zur fristlosen Kündigung berechtigen?
Tätlichkeiten und Beschimpfungen durch Vorgesetzte (sofern nicht lediglich Bagatellen), sexuelle Übergriffe, schwerwiegende und anhaltende Verstösse gegen Vorschriften über den Gesundheitsschutz und ähnliches berechtigen den Arbeitnehmer zu einer fristlosen Kündigung.
Lohngefährdung gemäss Artikel 337a Obligationenrecht: Auch grössere und wiederholt auftretende Lohnausstände oder die Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers berechtigten den Arbeitnehmer zur fristlosen Kündigung, wenn der Arbeitgeber nicht innert angemessener Frist Sicherheit für die Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis leistet.
Da das Ergebnis einer fristlosen Kündigung jedoch die sofortige Einstellung jeglicher Lohnzahlungen ist, wird sich ein Arbeitnehmender meist zweimal überlegen, ob er fristlos kündigen will oder nicht. In der Regel läuft es dann auf eine ordentliche Kündigung mit Einhaltung der Kündigungsfrist hinaus. Auch wenn er bei einer legalen fristlosen Kündigung gegenüber dem Arbeitgeber ein Recht auf Schadenersatz hat. Dieses muss immer erst noch gerichtlich durchgesetzt werden, was seinerseits Zeit und Geld kostet und auch nicht immer von Erfolg gekrönt sein wird. Insbesondere dann nicht, wenn der Arbeitgeber ohnehin ein schlechter Lohnzahler ist.
Im Gegensatz zum Arbeitgeber darf ein Arbeitnehmender hingegen nicht ordentlich kündigen und sich gleich anschliessend selbst freistellen. Dies käme einer Arbeitsverweigerung und damit einem Grund für eine fristlose Kündigung seitens des Arbeitgebers gleich.
Tritt ein Arbeitnehmender seine neue Stelle gar nicht erst an, so ist auch hier die Frage, ob ein für ihn wichtiger Grund vorliegt. Ist dies der Fall, so darf er dies «straffrei» tun. Z.B. weiss er aus sicherer Quelle, dass sein neuer Arbeitgeber die Löhne nicht mehr bezahlen kann.
Hat er aber keinen wichtigen Grund, seine neue Arbeitsstelle gar nicht erst anzutreten – was meistens so sein wird, er hat es sich in der Zwischenzeit einfach anders überlegt, so handelt er vertragsbrüchig. D.h. er hat kein Recht auf eine fristlose Kündigung. In diesem Fall schuldet er dem Arbeitgeber gemäss Artikel 337d Absatz 1 Obligationenrecht Schadenersatz.
Der Arbeitgeber kündigt ungerechtfertigt fristlos: Aus der illegalen fristlosen Kündigung wird eine «normale» Kündigung mit der vertraglich vereinbarten Kündigungsfrist. Es ist also nicht so, dass die Kündigung einfach gegenstandslos wäre und das Arbeitsverhältnis normal weiterlaufen würde. Dies sagt Artikel 337c Absatz 1 Obligationenrecht, indem er dem Gekündigten «bloss» den Lohn bis zum Ende der Kündigungsfrist zusagt. Zusätzlich zum Lohn bis zum Ende der Kündigungsfrist kann Schadenersatz gefordert werden.
Der Arbeitnehmende tritt seine Arbeitsstelle nicht an oder verlässt sie fristlos: Auch in diesem Fall läuft das Arbeitsverhältnis nicht normal weiter, sondern gilt als beendet. Auch der Arbeitgeber kann eine Entschädigung und Schadenersatz fordern.
Folgende Tipps zum Vorgehen:
Eine fristlose Kündigung sollte gut überlegt sein und nicht aus einem emotionalen Bauchgefühl ausgesprochen werden.
Das Gespräch mit der anderen Partei und eine ordentliche Kündigung sind einer fristlosen Kündigung immer vorzuziehen.
Als Arbeitgeber: Als Arbeitgeber sollten Sie sich absolut sicher sein, dass der wichtige Grund für eine fristlose Kündigung ausreichend ist, bevor Sie zu diesem Mittel greifen. Hat sich Ihr Mitarbeitender aus der Firmenkasse bedient, dann ist der Fall völlig klar. Hat er Sie oder andere Mitarbeitende «beleidigt» oder stört er sonst wie das Arbeitsklima, so ist der Fall absolut nicht klar und öffnet gerichtlichen Streitereien Tür und Tor.
Als Arbeitnehmender: Nachdem die Lohnzahlungspflicht nach der fristlosen Kündigung sofort endet, sollten Sie sicher sein, dass Sie trotzdem zu Ihrem Geld kommen. Für Sie macht eine fristlose Kündigung eigentlich nur bei einem solventen Arbeitgeber Sinn für den Fall, dass Sie dort keinesfalls noch einen Tag länger bleiben wollen. Z.B. bei schwerwiegenden Belästigungen, bei gezieltem Mobbing etc. Wenden Sie sich sofort an eine Beratungsstelle, welche Ihnen hilft, Ihre finanziellen Ansprüche (Lohn bis zum Ende der Kündigungsfrist, Entschädigung und Schadenersatz) rasch geltend zu machen. Anderenfalls sollten Sie nur ordentlich kündigen und sich schnellstmöglich einen neuen Job suchen.
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