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Kündigen während einer Krankheit: Ein Leitfaden

Simon Grenacher
Mittwoch, 18. September 2024

Für Arbeitgebende in der Schweiz ist es wichtig, über die rechtlichen Rahmenbedingungen und besten Vorgehensweisen bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses während einer Krankheit informiert zu sein. In diesem Beitrag werden wir die relevanten Vorschriften aus dem Arbeitsgesetz erörtern und praktische Anleitungen geben, um sicherzustellen, dass Sie dieses sensible Thema auf ethisch und rechtlich einwandfreie Art und Weise angehen. Am Ende finden Sie in einem übersichtlichen FAQ-Teil kurze Antworten auf die häufigsten Fragen.

Denken Sie daran, dass die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses aus gesundheitlichen Gründen eine komplexe Angelegenheit ist und sorgfältige Überlegung erfordert, um potenzielle rechtliche Fallstricke zu vermeiden und den Respekt und die Würde der Mitarbeitenden zu wahren. 

Kündigungsschutz, Kündigungsfrist und Sperrfrist

In der Schweiz gilt grundsätzlich die Kündigungsfreiheit. Gemäss Art. 336c OR wird jedoch definiert, wann eine Kündigung zu Unzeiten stattfindet und deshalb nicht erlaubt ist. Einer dieser Gründe ist die Kündigung infolge unverschuldeter Krankheit oder Unfall. Eine Kündigung ist in solch einem Fall nach Ablauf der Probezeit während der folgenden Sperrfrist unzulässig:

  • Im ersten Dienstjahr während einer Sperrfrist von 30 Tagen,
  • im zweiten bis zum fünften Dienstjahr während einer Sperrfrist von 90 Tagen
  • und ab dem sechsten Dienstjahr während einer Sperrfrist von 180 Tagen.

Diese Sperrfristen treten bei Arbeitsunfähigkeit in Kraft, wenn Arbeitnehmende nach der Probezeit ohne eigenes Verschulden durch einen Unfall oder wegen einer Krankheit ganz oder teilweise an der Arbeitsleistung verhindert sind. Wird Arbeitnehmenden während einer solchen Kündigungsfrist bzw. Sperrfrist gekündigt, ist diese Kündigung nichtig und muss nach Ablauf dieser Frist wiederholt werden.

Wird Arbeitnehmenden gekündigt und werden diese erst danach, jedoch innerhalb der Kündigungsfrist Arbeitsunfähigkeit, bleibt die Kündigung gültig. Allerdings verlängert sich die Kündigungsfrist in diesen Fällen um die Dauer der Arbeitsunfähigkeit, höchstens jedoch um die Dauer der Sperrfrist. Dies gilt nur, wenn der Arbeitgeber gekündigt hat.

Wenn Arbeitnehmende selbst kündigen, ändert die Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit oder Unfall nichts an der Kündigungsfrist und dem Ende der Zusammenarbeit. Das Arbeitsverhältnis wird in solchen Fällen nicht durch eine Sperrfrist hinausgeschoben und Arbeitgebende können Arbeitnehmende auch nicht verpflichten, länger der Arbeit nachzugehen.

Sperrfristen bei einer Kündigung während einer Krankheit

Wurde eine Krankentagegeldversicherung abgeschlossen wird auch während der Arbeitsunfähigkeit und bis zum Ende der verlängerten Kündigungsfrist Lohn ausbezahlt. Ohne Krankentagegeldversicherung gilt dies gemäss Artikel 324 a Obligationenrecht für einen Mitarbeitenden im ersten Dienstjahr lediglich für drei Wochen. Nach dem ersten Dienstjahr verändert sich dieser Anspruch in Abhängigkeit von den Dienstjahren und besonderen Umständen, um eine „angemessen längere Zeit“. Was darunter genau zu verstehen ist regelt je nach Region die Berner, Basler oder Zürcher Skala.

Schritte vor der Kündigung

1. Prüfen von Arbeitsverträgen und internen Richtlinien

Überprüfen Sie zunächst den Arbeitsvertrag und alle internen Richtlinien oder Vereinbarungen, die sich auf einen Kündigungsschutz während einer Krankheit oder wegen Arbeitsunfähigkeit aufgrund eines Unfalls beziehen könnten. Stellen Sie sicher, dass Sie alle relevanten Bestimmungen verstehen und befolgen, wenn Sie das Arbeitsverhältnis beenden.

2. Dokumentieren Sie die Leistung und das Verhalten

Dokumentieren Sie alle relevanten Vorfälle, Warnungen oder Leistungsbewertungen, die Ihre Entscheidung unterstützen, insbesondere wenn das Ende der Zusammenarbeit mit der Arbeitsleistung zusammenhängt.

3. Führen Sie ein Gespräch

Führen Sie ein offenes und ehrliches Gespräch mit über die Krankheit und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Arbeit. Erklären Sie Ihre Bedenken hinsichtlich der Arbeitsverhinderung und hören Sie sich die Sicht der Dinge Ihres Gegenübers an. Dieses Gespräch kann dazu beitragen, Missverständnisse auszuräumen und möglicherweise eine Lösung zu finden, die eine Kündigung wegen Arbeitsunfähigkeit vermeidet. Geben Sie Ihrem Gegenüber die Gelegenheit, die Situation zu erläutern.

4. Beachten Sie die verlängerte Kündigungsfrist

Denken Sie an die Einhaltung der verlängerten Kündigungsfrist bei Arbeitsunfähigkeit im Krankheitsfall gemäss Art. 336c Abs.1 OR. Stellen Sie sicher, dass Sie diese Kündigungsfrist einhalten, um rechtliche Probleme im Zusammenhang mit dem Kündigungsschutz zu vermeiden.

Schritte vor der Kündigung von Mitarbeitenden

Der Kündigungsprozess: Vorgehen und Best Practices

Wenn Sie zu dem Schluss gekommen sind, dass eine Kündigung während einer Krankheitsphase die einzige Option ist, stellen Sie sicher, dass Sie den folgenden sorgfältig geplanten Prozess befolgen, um rechtliche Probleme zu vermeiden und die Würde der Arbeitnehmenden zu wahren:

1. Bereiten Sie die Kündigungsunterlagen vor

Stellen Sie sicher, dass Sie alle erforderlichen Dokumente vorbereitet haben, einschliesslich eines Kündigungsschreibens, das Datum und die Kündigungsfrist klar angibt. Überprüfen Sie die Dokumente sorgfältig auf Genauigkeit und Konsistenz. Der Grund für die Kündigung muss im Kündigungsschreiben nicht angegeben werden, Arbeitnehmende haben jedoch das Recht eine Begründung zu verlangen.

Achtung: Eine Kündigung infolge Krankheit könnte unter Umständen missbräuchlich sein.

2. Planen Sie ein persönliches Gespräch

Planen Sie ein persönliches Gespräch, um die Kündigung mitzuteilen. Wählen Sie einen privaten und diskreten Ort für das Gespräch und stellen Sie sicher, dass Sie genügend Zeit haben, um das Gespräch in einer respektvollen und sensiblen Weise bis zum Ende durchzuführen.

Erklären Sie klar und deutlich die Gründe für das Beenden des Arbeitsverhältnisses. Seien Sie ehrlich und direkt, vermeiden Sie jedoch unnötig harte oder herablassende Sprache.

Hören Sie sich die Reaktion auf die Kündigung an. Es ist möglich, dass Ihr Gegenüber neue Informationen oder Argumente im Kontext der Arbeitsverhinderung vorbringt, die Sie berücksichtigen sollten. Verlangen Sie ggf. ein Arztzeugnis, das die Argumente unterstützt. Dokumentieren Sie die Reaktion sorgfältig und nehmen Sie alle neuen Informationen zur Kenntnis.

Bieten Sie Unterstützung während dieser schwierigen Zeit an. Dies könnte die Bereitstellung von Informationen über Outplacement-Dienste und Karriereberatungen sowie die Vermittlung von Kontakten zu Unterstützungsgruppen umfassen. Denken Sie daran, dass eine Kündigung stressig und traumatisierend sein kann, also zeigen Sie Mitgefühl und bieten Sie praktische Hilfe an, wo immer möglich. Versuchen Sie auch geduldig jede Frage zum Kündigungsschutz und Arbeitsrecht zu beantworten.

Es ist eine gute Idee, eine weitere bezeugende Person bei dem Gespräch dabei zu haben. Diese Person kann z. B. aus der Personalabteilung kommen. Dies trägt dazu bei, den Prozess transparenter und gerechter zu machen und bietet Ihnen im Falle einer rechtlichen Anfechtung Unterstützung.

Darüber hinaus ist zu empfehlen, die Kündigung vom Arbeitnehmenden unterzeichnen zu lassen. So kann nachgewiesen werden, dass er diese erhalten hat.

Verweigert er die Unterschrift, sollte die Kündigung per eingeschriebenen Brief an ihn versendet werden. Als Arbeitgebender sind Sie in der Beweispflicht, dass die Kündigung dem Arbeitnehmenden innerhalb der Frist zugestellt wurde.

Planung des persönlichen Kündigungsgesprächs

3. Halten Sie sich an die Kündigungsfristen

Stellen Sie sicher, dass Sie nach Ablauf der Probezeit die vorgesehene verlängerte Kündigungsfrist bzw. Sperrfrist des Arbeitsrechts einhalten, die im OR festgelegt ist. Planen Sie den Ablauf des letzten Arbeitstages entsprechend und stellen Sie sicher, dass alle administrativen Aufgaben erledigt werden. Denken Sie an ein Arbeitszeugnis und klären Sie rechtzeitig Fragen betreffend allfällig offener Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis

4. Bereiten Sie sich auf mögliche Reaktionen vor

Mitarbeitende können auf eine Kündigung in verschiedener Weise reagieren. Bereiten Sie sich mental auf diese möglichen Reaktionen vor und bleiben Sie während des gesamten Prozesses ruhig und professionell. Falls rechtliche Schritte angedroht werden, sollten Sie rechtlichen Rat suchen und sicherstellen, dass Sie alle relevanten Dokumente und Beweise griffbereit haben.

Schritte zu einer fairen und rechtssicheren Kündigung

Fazit:

Eine Kündigung während einer Krankheitsphase ist ein komplexes und sensibles Thema, das mit Bedacht angegangen werden sollte. Die Bedingungen zum Kündigungsschutz erlauben zwar eine Kündigung wegen Arbeitsunfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen, jedoch nur unter Beachtung der Sperrfristen.

Das Ende der Zusammenarbeit sollte sorgfältig geplant und durchgeführt werden. Arbeitgebende sollten sich nicht nur an die Sperrfristen halten, um dem Kündigungsschutz gerecht zu werden. Führen Sie ein ehrliches Gespräch über die Arbeitsunfähigkeit sowie die Auswirkungen der Krankheit auf das Arbeitsverhältnis. Dieses Gespräch kann Fragen klären und Missverständnisse ausräumen sowie möglicherweise Alternativen zum Ende der Zusammenarbeit aufzeigen.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Bin ich zur Lohnfortzahlung verpflichtet?

Arbeitgebende sind nach der Karenzzeit von drei Monaten zur Lohnfortzahlung im Krankheitsfall verpflichtet, allerdings nicht auf unbestimmte Zeit. Die Länge der Lohnfortzahlungspflicht richtet sich nach den Dienstjahren. Im ersten Dienstjahr haben Arbeitnehmende ein Recht auf drei Wochen Lohnfortzahlung. Nach Ablauf des ersten Dienstjahres verlängert sich laut Art. 324a OR die Dauer der Lohnfortzahlung um einen "angemessen längeren Zeitraum". Die genaue Dauer der Lohnfortzahlungspflicht variiert dabei von Region zu Region.

Was passiert, wenn ich Mitarbeitenden kündige, die dann krank werden?

Die Kündigung bleibt in diesem Fall gültig. Allerdings verlängert sich in solchen Situationen die Kündigungsfrist um die Dauer der Arbeitsunfähigkeit, höchstens jedoch um die Dauer der Sperrfrist. Dies gilt allerdings nur, wenn das Arbeitsverhältnis vom Unternehmen aus gekündigt wurde.

Was passiert, wenn Mitarbeitende selber kündigen und dann krank werden?

Wenn Mitarbeitende selber kündigen, ändert eine Krankheit oder ein Unfall nichts an der Kündigungsfrist. Das Arbeitsverhältnis wird in solchen Fällen nicht durch eine Sperrfrist hinausgeschoben und Arbeitgebende können von Arbeitnehmenden nicht verlangen, länger zu arbeiten.

Was ist, wenn Mitarbeitende die Kündigung anfechten?

Wenn Mitarbeitende die Beendigung des Arbeitsverhältnisses anfechten und rechtliche Schritte androhen, sollten Sie rechtlichen Rat suchen. Ein Anwalt unterstützt Sie bei der Vorbereitung Ihrer Verteidigung. Stellen Sie sicher, dass Sie alle relevanten Dokumente und Beweise griffbereit und den gesamten Ablauf der Entlassung sorgfältig dokumentiert haben.

Kann ich Mitarbeitenden kündigen, die krank sind?

Ja, allerdings gelten nach Ablauf der Probezeit bestimmte Sperrfristen, wenn eine Person unverschuldet durch einen Unfall oder wegen einer Krankheit arbeitsunfähig ist. Eine Kündigung gilt in diesem Fall während dieser Sperrfristen gemäss Art. 336c Abs. 1 OR als unzulässig:

  • Im ersten Dienstjahr während einer Sperrfrist von 30 Tagen,
  • vom zweiten bis zum fünften Dienstjahr während einer Sperrfrist von 90 Tagen
  • und ab dem sechsten Dienstjahr während einer Sperrfrist von 180 Tagen.

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