Per 1. Januar 2018 könnte eintreten, was die Schweiz bisher noch nie erlebte: Dass nämlich die Mehrwertsteuer-Sätze erstmals sinken.
Ob dies tatsächlich eintreten wird, hängt vom Ausgang der Volksabstimmung zur Altersreform ab, die voraussichtlich am 24. September 2017 stattfindet. Dann erst entscheidet sich, welche Steuersätze die Unternehmen im Folgejahr anzuwenden haben.
In der Schweiz sind die Mehrwertsteuer-Sätze in der Bundesverfassung verankert und jede Änderung muss vom Volk beschlossen werden (Volks- und Ständemehr sind nötig).
Die Befugnis des Bundes, überhaupt eine Mehrwertsteuer zu erheben, endet zudem per 31. Dezember 2020, sofern sie nicht vorher verlängert wird (was mit Sicherheit passieren wird, deckt doch die Mehrwertsteuer mehr als einen Drittel der Bundeseinnahmen).
Interessanterweise darf der MWST-Normalsatz gemäss Bundesverfassung höchstens 6.5% betragen. Trotzdem liegt er seit 1999 immer über dieser Limite. Dies primär deswegen, weil die Bundesverfassung vorsieht, dass der Normalsatz um bis zu 1.0% erhöht werden kann, falls der Altersentwicklung wegen die Finanzierung der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung nicht mehr gewährleistet ist. Mit Wirkung ab dem 1. Januar 1999 wurde diese Möglichkeit ausgeschöpft und der Normalsatz dauerhaft um 1% erhöht. Per 1. Januar 2001 erfolgte dann eine weitere Erhöhung um 0.1%, diesmal zur Finanzierung der Eisenbahngrossprojekte. Die letzte Erhöhung erfolgte per 1. Januar 2011 um 0.4%. Noch bis zum 31. Dezember 2017 dient diese MWST Erhöhung der Finanzierung der Invalidenversicherung.
Da die IV-Finanzierung Ende 2017 ausläuft, würde der MWST-Satz am 1. Januar 2018 eigentlich wieder auf 7.6% sinken. Am 9. Februar 2014 aber bereits beschloss das Volk, dass die MWST zugunsten der Finanzierung des Ausbaus der Bahninfrastruktur (FABI) ab 1. Januar 2018 um 0.1% erhöht wird. Netto wird der MWST-Normalsatz ab nächstem Jahr deshalb mindestens 7.7% betragen.
Die kürzlich vom Parlament verabschiedete «Reform der Altersvorsorge 2020» sieht nun vor, die MWST-Sätze per 1. Januar 2018 erneut um 0.3% anzuheben, um Finanzierungslücken in der AHV zu decken.
Diese MWST-Erhöhung muss das Volk absegnen. Als Abstimmungstermin steht der 24. September 2017 im Raum. Damit bleiben den Unternehmen, aber auch der Eidgenössischen Steuerverwaltung, gerade einmal drei Monate um die mit einer allfälligen Ablehnung der Altersreform einhergehende Steuersatzreduktion per 1. Januar 2018 umzusetzen. Ändern würden nicht „nur“ die gesetzlichen Steuersätze (Normalsatz, reduzierter Satz und Sondersatz für Beherbergungsleistungen), sondern auch die Saldo und Pauschalsteuersätze.
Damit gibt es zwei mögliche Szenarien, wie sich die MWST-Sätze ab dem 1.1.2018 gestalten:
Unternehmen sind gut beraten, bereits heute Vorbereitungen für eine eventuelle Steuersatz-Senkung zu treffen. Dies betrifft nicht nur Steuersatzanpassungen in den Preislisten sowie EDV- und Kassen Systemen, sondern auch die Formulierungen in Verträgen und Offerten. Diese sollten klar aufzeigen, ob sich eine Senkung der MWST Sätze auf die vereinbarten Preise auswirkt, damit Streitigkeiten vermieden werden können. Das Mehrwertsteuergesetz liefert darauf nämlich keine Antwort.
Esther Hiltpold ist Inhaberin und Geschäftsführerin der VAT Support GmbH (www.vatsupport.ch). Die langjährige und praxiserprobte MWST Expertin steht für persönliche, individuelle und fachspezifische Beratung und Betreuung von KMU’s, NPO’s und Treuhändern in allen Fragen der Mehrwertsteuer.
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