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Was Sie als Arbeitgeber über Pikettdienst wissen müssen

Simon Grenacher
Mittwoch, 12. Oktober 2022

Pikettdienst ist bei vielen Dienstleistern in den verschiedensten Branchen ein durchaus bekanntes Thema. So etwa im Gesundheitswesen, in der Energiewirtschaft, in der IT und in vielen anderen Sektoren der Wirtschaft auch.

Das Gesetz regelt den Pikettdienst – als besondere Form der Arbeitszeit – in den Artikel 14 und 15 der Verordnung 1 zum Arbeitsgesetz.

Was ist Pikettdienst?

Pikettdienst ist Bereitschaftsdienst. Artikel 14 Absatz 1 der Verordnung 1 zum Arbeitsgesetz definiert den Pikettdienst wie folgt:

«Beim Pikettdienst hält sich der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin neben der normalen Arbeit für allfällige Arbeitseinsätze bereit für die Behebung von Störungen, die Hilfeleistung in Notsituationen, für Kontrollgänge oder für ähnliche Sonderereignisse.»

Haben Angestellte also Pikettdienst, so müssen sie bereit sein, neben ihrer normalen Arbeitszeit einzuspringen. Oft geht es um die Be­hebung von Störungen, die Hilfeleistung in Notsituationen oder Kontrollgänge.

Arbeitnehmende dürfen nur dann zum Pikettdienst verpflichtet werden, wenn sie dem vertraglich zugestimmt haben. Es gibt also keine gesetzliche «Pikettpflicht».

Davon klar zu unterscheiden ist die Arbeit auf Abruf. Bei der Arbeit auf Abruf geht es nicht um den Einsatz in unvorhersehbaren Ausnahmesituationen, sondern um ein Arbeitsverhältnis, bei dem die Arbeitszeiten nicht fix sind, sondern jeweils spontan zwischen Arbeitgeber und Angestellten vereinbart werden. Dies kommt immer wieder mal bei Gastrobetrieben oder etwa im Detailhandel vor. Arbeitnehmende auf Abruf werden nur dann zur Arbeit gerufen, wenn viele Gäste bzw. viele Kunden da sind oder in Kürze erwartet werden.

Typische Pikettdienste können sein:

  • Ein technischer Betriebsangestellter in einem Kraftwerk ist über das Wochenende zu Hause im Pikettdienst, falls eine Störung auftritt. So, dass er schnell vor Ort sein und das Problem dort wenn möglich beheben kann.
  • Ein IT-Projektleiter und Techniker hat mit seinem Team eine neue IT-Lösung beim Kunden installiert und befindet sich nun die ersten Tage während des neuen Betriebs auf Pikettdienst, sollte ein Problem auftauchen.
  • Ein Notfall-Chirurg hat arbeitsfrei, befindet sich aber aufgrund eines Grossanlasses im Pikettdienst.
  • Ein Securitas, der die ganze Nacht in einem Firmengelände verbringt und dort einige Kontrollgänge absolviert ist jedoch NICHT auf Pikett! Er arbeitet die ganze Zeit vom Moment des Dienstantritts bis zum Ende seines Dienstes regulär. Auch wenn er während seiner Kontrollgänge beispielsweise ein Buch liest oder sich ein Fussballspiel anschaut.

Ist für den Pikettdienst Lohn geschuldet?

Die Frage der Entschädigung wird im Arbeitsgesetz nicht ausdrücklich behandelt, da diese im Wesentlichen privates Arbeitsrecht tangiert. Das Bundesgericht hat allerdings entschieden, dass die Bereitschaftszeit, d.h. die Zeit, in der sich der Arbeitnehmende für allfällige Arbeitseinsätze bereithalten muss (also der Pikettdienst), zu entschädigen ist.

Die Höhe der Entschädigung muss jedoch nicht zwingend dem Lohn für die Haupttätigkeit entsprechen. Sie kann in einem Vertrag zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmenden oder in einem Gesamtarbeitsvertrag geregelt sein. Die Entschädigung für den Pikettdienst kann auch bereits im Lohn für die Hauptleistung eingeschlossen sein.

Gilt der Pikettdienst als Arbeitszeit?

Unter Arbeitszeit versteht das Gesetz: «Als Arbeitszeit im Sinne des Gesetzes gilt die Zeit, während der sich der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin zur Verfügung des Arbeitgebers zu halten hat» (Artikel 13 Abs.1 VO1 ArbG). Das trifft grundsätzlich auf den Pikettdienst zu.

Artikel 15 VO1 ArbG präzisiert alsdann:

  • Muss – und wird – der Pikettdienst im Betrieb geleistet, dann gilt er in jedem Fall als normale Arbeitszeit. Und zwar im vollen Umfang. Dazu gehört auch das Beispiel des Securitas von oben.
  • Wird der Pikettdienst ausserhalb des Betriebs geleistet, so kommt es darauf an, ob der Mitarbeitenden abgesehen vom Pikettdienst tun und lassen kann, was er will und dabei auch frei in seiner Entscheidung ist. Ist dies der Fall, so gilt der eigentliche Pikettdienst im Sinne der Bereitschaft nicht als Arbeitszeit. Sobald er aber aufgrund des Piketts mit der Arbeit beginnt, startet auch seine Arbeitszeit. Die Wegzeit zu und von der Arbeit wäre in diesem Fall auch an die Arbeitszeit anzurechnen, also z.B. die Autofahrt ins Kraftwerk, wo es gilt, ein Problem zu lösen.

Braucht es für den Pikettdienst eine Bewilligung?

Müssen Pikettdienste in der Nacht, am Sonntag oder an gesetzlichen Feiertagen geleistet werden, so ist eine Bewilligung für den etwaigen Arbeitseinsatz einzuholen (Art. 16, 17, 18, 19, 20a Arbeitsgesetz).

Werden Arbeitnehmende in der Nacht oder am Sonntag/Feiertag zu einem Piketteinsatz gerufen, haben sie ausserdem Anrecht auf den gesetzlich bzw. vertraglich vorgesehenen Lohn- und Zeitzuschlag, wie wenn sie normal und regulär an einem dieser Tage gearbeitet hätten.

Wie muss der Pikettdienst organisiert werden?

Für die Einsatzplanung des Pikettdienstes ist ein Zeitraum von vier Wochen massgebend. In dieser Zeit darf der Arbeitnehmende an höchstens 7 Tagen auf Pikett sein. Die Anzahl möglicher Einsätze während dieser Tage ist nicht begrenzt. Nach Beendigung des letzten Pikettdienstes müssen zwei Wochen ohne Pikettdienst folgen. Der Arbeitnehmende darf während dieser Zeit nicht mehr für den Pikettdienst aufgeboten werden, auch wenn es während des letzten Pikettdienstes zu keinem Einsatz gekommen ist. Diese zwei Wochen ohne Pikettdienst müssen daher in der vierwöchigen Einsatzplanung nicht zwingend eingeschlossen sein, sondern können auch direkt daran anschliessen.

Es gilt folgende Ausnahme: Der Arbeitnehmende darf im Zeitraum von vier Wochen an höchstens 14 Tagen auf Pikett sein, sofern die beiden folgenden Bedingungen erfüllt sind:

  • Aufgrund der betrieblichen Grösse und Struktur stehen dem Betrieb keine genügenden Personalressourcen für einen Pikettdienst nach zur Verfügung; und
  • Die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer leistet im Durchschnitt eines Kalenderjahres nicht mehr als fünf tatsächliche Piketteinsätze pro Monat.

Mitwirkungsrecht der Arbeitnehmenden: Gemäss Artikel 48 Arbeitsgesetz haben Arbeitnehmende ein Mitwirkungsrecht bei der Organisation der Arbeitszeit und der Gestaltung der Stundenpläne. Deshalb sind die Arbeitnehmenden bei der Planung für die im Betrieb massgeblichen Arbeitszeiten, wie Rahmeneinsatzzeiten, Pikettdienst, Einsatzpläne, bewilligte Stundenpläne und deren Änderungen beizuziehen. Allerdings müssen auch gemeinsam mit den Arbeitnehmenden erstellte Arbeitspläne den rechtlichen Rahmenbestimmungen entsprechen. Die Arbeitspläne sind möglichst frühzeitig zu kommunizieren, in der Regel spätestens zwei Wochen vor einem geplanten Einsatz mit neuen Arbeitszeiten. Ohne zwingenden Grund darf diese Frist nicht unterschritten werden.

Pikettdienst und die Einhaltung der täglichen Ruhezeiten

Die Dauer der täglichen Ruhezeit von elf Stunden (Art. 15a Abs. 1 Arbeitsgesetz) ist einzuhalten, darf im Rahmen des Pikettdienstes aber durch Einsätze unterbrochen werden. Wird wegen der Piketteinsätze eine minimale Ruhezeit von vier aufeinanderfolgenden Stunden nicht erreicht, so muss die tägliche Ruhezeit von elf Stunden nachgewährt werden.

Während seiner Ferien darf ein Mitarbeitender selbstverständlich nicht für den Pikettdienst eingeteilt werden. Diese würde den Erholungszweck der Ferien vereiteln und ist daher illegal.

Sonderschutzregeln beim Pikettdienst

  • Artikel 14 Absatz 4 Verordnung 1 Arbeitsgesetz: Wird der Einsatzplan nicht auf Wunsch der Arbeitnehmenden, sondern aufgrund einer betrieblichen Notwendigkeit geändert, so geniessen Arbeitnehmende mit Familienpflichten einen zusätzlichen Schutz. Sie können nur dann für einen Pikettdienst aufgeboten werden, wenn sie ausdrücklich damit einverstanden sind und für den Betrieb keine zumutbare Alternative besteht.
  • Gemäss Artikel 60 Abs.1 VO1 ArbG dürfen schwangere Frauen und stillende Mütter nicht über die vereinbarte ordentliche Dauer der täglichen Arbeit hinaus beschäftigt werden. Diese Kategorie von Arbeitnehmerinnen darf deshalb nicht für den Pikettdienst aufgeboten werden.

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