Ich habe zwar keine Statistik gefunden. Trotzdem ist es offensichtlich, dass in der Praxis Arbeitsverhältnisse weitaus häufiger von Arbeitnehmenden gekündigt werden als von Arbeitgebern. Rechtliche Auseinandersetzungen – mit teilweisem Gang bis vor Arbeitsgericht – entstehen jedoch fast ausschliesslich bei Kündigungen seitens der Firma.
Wollen Sie sich als Arbeitgeber daher von einem Mitarbeitenden aktiv trennen, dann sollten Sie die Stolpersteine kennen und wissen, worauf Sie im Besonderen zu achten haben.
Obwohl das Arbeitsrecht in der Schweiz über weite Strecken als Arbeitnehmerschutzrecht ausgestaltet ist, gilt dennoch die volle Kündigungsfreiheit. Das bedeutet, dass – mit wenigen Ausnahmen, siehe unten – der Arbeitsvertrag vom Arbeitgeber jederzeit gekündigt werden kann. Die Kündigung ist rechtlich gültig. Der Arbeitnehmende kann nicht auf eine Weiterführung des Arbeitsverhältnisses klagen und so den Arbeitgeber dazu zwingen, ihn wiedereinzustellen. Natürlich gilt dies auch mit umgekehrten Vorzeichen. Kündigt ein Arbeitnehmer, dann hat der Arbeitgeber dies hinzunehmen. Auch er kann nicht auf Weiterbeschäftigung klagen.
Dass ein privater Arbeitsvertrag nach freien Stücken geschlossen, aber eben jederzeit nach freien Stücken auch wieder aufgelöst werden kann, sagt uns im Prinzip schon der gesunde Menschenverstand. Trotzdem, in unseren Nachbarländern Italien, Frankreich oder auch Deutschland sind Klagen von Arbeitnehmenden auf Wiedereinstellung und damit auf Fortführung des Arbeitsverhältnisses nicht selten und werden auch immer wieder mal so entschieden. Dort steht der absolute Schutz des Arbeitnehmenden an erster Stelle und geht dann auch so weit, dass Arbeitgeber von Gerichten zur (Weiter)Beschäftigung von Mitarbeitenden verpflichtet werden können. Die Schweiz kennt aber keine solche Regelung und es sind auch keinerlei Anzeichen ersichtlich, dass sich dies je ändern würde. In Zeiten des Fachkräftemangels besteht in vielen Branchen (nicht zuletzt in vielen Dienstleistungsunternehmen) ohnehin kaum ein Bedarf nach einem erweiterten Kündigungsschutz der Arbeitnehmenden.
Normalerweise gilt der erste Monat einer Anstellung als Probezeit (Artikel 335b Obligationenrecht). Während der Probezeit kann der Arbeitsvertrag mit einer Kündigungsfrist von nur 7 Tagen gekündigt werden. Im Arbeitsvertrag kann diese Frist auf maximal 3 Monate verlängert werden, was ich für sinnvoll halte. So haben Sie genügend Zeit, ihre neue Angestellte, ihren neuen Angestellten «auf Herz und Nieren» zu prüfen und sich die nötige Sicherheit für eine weitere Beschäftigung zum Nutzen beider Seiten anzueignen.
Selbstverständlich gilt das 7 Tage Kündigungsrecht während der Probezeit ebenfalls für Arbeitnehmer. Ohne auch dazu eine Statistik zu kennen, bin ich dennoch überzeugt, dass auch während der Probezeit deutlich mehr Arbeitnehmer als Arbeitgeber kündigen.
Ein befristeter Arbeitsvertrag muss nicht gekündigt werden. Er läuft mit seiner Befristung ganz normal aus (Artikel 334 Obligationenrecht).
Wurde der Arbeitsvertrag ohne Befristung geschlossen, was der Normalfall ist, so kann er von jeder Partei zu jedem Zeitpunkt (mit Ausnahmen, siehe unten) gekündigt werden. Neben den gesetzlichen Kündigungsfristen dürfen Arbeitgeber und Arbeitnehmer abweichende Fristen festlegen, solange für beide Parteien die gleichen gelten (Artikel 335a Absatz 1 Obligationenrecht). Gekündigt wird ein Arbeitsvertrag auf das Ende eines Kalendermonats (Artikel 335c Absatz 1 Obligationenrecht). Neben der Kündigungsfrist sprechen wir hier dann vom Kündigungstermin.
Die Kündigung muss nicht schriftlich erfolgen. Sie muss aber vom Gekündigten entgegengenommen werden. Man spricht daher bei einer Kündigung von einer «einseitigen, empfangsbedürftigen Willenserklärung». Was gleichzeitig auch heisst, dass der Gekündigte mit der Kündigung natürlich nicht einverstanden sein muss, er muss sie bloss zur Kenntnis nehmen (können).
Der Gekündigte (und damit auch der Arbeitgeber) kann verlangen, dass die Kündigung schriftlich begründet wird, was dann faktisch einer schriftlichen Kündigung gleichkommt (Artikel 335 Absatz 2 Obligationenrecht). Es ist ohnehin empfehlenswert und zu Beweiszwecken sinnvoll, jede Kündigung schriftlich mit einer Begründung zu verfassen.
Wird per Brief gekündigt, ist die Wirksamkeit dann gegeben, wenn das Kündigungsschreiben von der Post zugestellt wird (massgeblich ist also nicht das Datum des Poststempels). Legt die Post eine Abholaufforderung in den Briefkasten, so gilt die Kündigung an dem Tag als zugestellt, an dem die Abholung nach Treu und Glauben zu erwarten ist. Dies ist normalerweise der erste Tag nach dem erfolglosen Zustellungsversuch (Entscheid des Bundesgerichts). Anders ist es bei Abwesenheiten, die dem Arbeitgeber bekannt sind (Ferien, Spitalaufenthalt etc.). Eine Kündigung während den Ferien wird gemäss Bundesgericht erst nach der Rückkehr wirksam, ausser die gekündigte Partei sei zu Hause geblieben oder habe sich die Post effektiv nachsenden lassen. Nach einer andern Rechtsmeinung gilt die Kündigung erst dann als zugestellt, wenn der Adressat das Kündigungsschreiben bei der Post abholt, spätestens aber mit Ablauf der 7tägigen Abholungsfrist.
Angesichts dieser Unsicherheit ist es empfehlenswert, die Kündigung so frühzeitig abzuschicken, dass auch die 7-tätige Abholungsfrist noch sicher eingehalten werden kann.
Bei einer persönlichen Übergabe des Kündigungsschreibens ist der Zeitpunkt der Übergabe massgebend. Um dies später beweisen zu können, sollte sich der Kündigende den Empfang schriftlich quittieren lassen. Wird die Empfangsbestätigung verweigert, sollten Zeugen beigezogen und die Kündigung auch noch per Post zugestellt werden.
Wird mündlich ohne Schreiben gekündigt (Beweisproblem!), ist der Zeitpunkt der Kündigungserklärung massgebend. Dies gilt auch dann, wenn die Kündigung anschliessend noch schriftlich bestätigt wird.
Abweichend zum freien Kündigungsrecht listet das Gesetz in Artikel 336 Obligationenrecht Fälle auf, in welchen eine Kündigung missbräuchlich ist. Die Kündigung ist dann zwar nicht ungültig, muss aber finanziell entschädigt werden und kann zusätzliche Ansprüche aus Schadenersatz zur Folge haben. Eine Entschädigung wird in der Praxis in der Höhe von einem bis mehrere Monatslöhne festgesetzt.
Die Fälle missbräuchlicher Kündigung werden im Gesetz aufgezählt (Artikel 336 Absatz 1 und 2 Obligationenrecht). So darf beispielsweise keinem Arbeitnehmer gekündigt werden, weil er sich in einen Arbeitnehmerverband engagiert oder, weil er ein verfassungsmässiges Recht (z.B. die Religionsfreiheit) ausübt. Die gesetzlichen Gründe sind nicht abschliessend aufgezählt. Ein Richter kann daher eine Kündigung als missbräuchlich einstufen, obwohl der behandelte Fall nicht ausdrücklich in Artikel 336 aufgeführt ist, sofern dieser vergleichbar schwer wiegt.
Auch wenn die Kündigung an und für sich nicht missbräuchlich ist, so kann sie aber zur einem für den Gekündigten ungünstigen Zeitpunkt erfolgen. Zum Beispiel während der Schwangerschaft, während des Militärdienstes, während Krankheit und Unfall etc. Artikel 336c Obligationenrecht listet alle Fälle auf.
Wurde die Kündigung in einem solchen Fall ausgesprochen, so ist sie ungültig. Sie muss nochmals erfolgen, nachdem der Arbeitnehmer seine Tätigkeit wieder normal aufnehmen konnte, also zum Beispiel nach der Rückkehr aus seinem Krankenstand.
Wurde hingegen die Kündigung ausgesprochen, bevor ein Fall von Artikel 336c Obligationenrecht eintrat, so ist sie zwar gültig, ihr Fristablauf wird aber angehalten.
Kündigen Sie also beispielsweise Mitte Dezember einem Mitarbeitenden mit einer zweimonatigen Kündigungsfrist auf Ende Februar und dieser ist dann den ganzen Januar krankheitshalber abwesend, so verlängert sich die Kündigungsfrist um einen Monat bis Ende März. Die Mitte Dezember ausgesprochene Kündigung ist aber rechtsgültig.
Während der Probezeit gibt es keine Kündigung zur Unzeit (Artikel 336c Absatz 1 Obligationenrecht).
«Aus wichtigen Gründen» können sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmende den Arbeitsvertrag jederzeit ohne die Einhaltung einer Kündigungsfrist per sofort auflösen (Artikel 337 Obligationenrecht). Interessanterweise muss auch die fristlose Kündigung nicht schriftlich erfolgen, sie muss bloss dann schriftlich begründet werden, wenn die andere Partei es verlangt. Selbstverständlich sollten Sie aber eine fristlose Kündigung – schon alleine aus Beweisgründen – in jedem Fall schriftlich vornehmen.
Ein wichtiger Grund ist dann gegeben, wenn «dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nach Treu und Glauben nicht mehr zugemutet werden kann», sagt das Gesetz.
Folgende schwerwiegenden Verfehlungen des Arbeitnehmers rechtfertigen eine fristlose Entlassung auch ohne vorgängige Abmahnung: Straftaten am Arbeitsplatz, wiederholte oder generelle Arbeitsverweigerung, konkurrenzierende Tätigkeit, Verrat von Geschäftsgeheimnissen, Annahme von Schmiergeldern, Tätlichkeiten und Beleidigungen von Vorgesetzten oder Arbeitskollegen (sofern es sich nicht lediglich um Bagatellfälle handelt).
Bei folgenden weniger schwerwiegenden Verfehlungen des Arbeitnehmers ist eine fristlose Kündigung durch den Arbeitgeber erst nach vorangegangener Abmahnung zulässig: Verspätetes Erscheinen am Arbeitsplatz, einmaliges Wegbleiben vom Arbeitsplatz ohne guten Grund, übermässiges Telefonieren oder Internetbenutzung am Arbeitsplatz, Verstoss gegen Weisungen des Arbeitgebers etc. Immer kommt es allerdings auf die Umstände des einzelnen Falles an.
Achtung: Schlechte Arbeitsausführung ist mit Ausnahme ganz krasser Fälle höchstens ein Grund für eine ordentliche, nicht jedoch für eine fristlose Kündigung.
Selbstverständlich müssen die Vorwürfe den Fakten entsprechen. Entlässt der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer fristlos, weil er ihn verdächtigt, einen Diebstahl im Betrieb begangen zu haben, und bestätigt sich der Verdacht nach durchgeführter Untersuchung nicht, so ist die fristlose Entlassung zu Unrecht erfolgt. Sie wird dann in der Praxis häufig zu einer «normalen» Kündigung.
Falls Sie als Arbeitgeber nicht sofort auf einen Grund zur fristlosen Kündigung reagieren, verwirken Sie Ihr Recht auf eine fristlose Kündigung. Nach der Gerichtspraxis haben Sie nach einem Vorfall, der Anlass für eine fristlose Entlassung geben könnte, zwei bis drei Arbeitstage Zeit, um sich zu entscheiden, ob Sie tatsächlich fristlos kündigen wollen. Eine sorgfältige Abklärung des Vorfalls gereicht Ihnen aber nicht zum Nachteil, sofern Sie die Abklärungen sofort einleiten.
Eine gerechtfertigte fristlose Kündigung hat zur Folge, dass Sie als Arbeitgeber per sofort keinen Lohn mehr bezahlen müssen. Sie ist daher die Ultimo Ratio. In jedem Fall empfiehlt es sich vor einer fristlosen Kündigung den Rat eines Anwalts einzuholen.
Unter den gleichen (strengen) Voraussetzungen wie der Arbeitgeber, d.h. nur wenn es dem Arbeitnehmer nach Treu und Glauben nicht zumutbar ist, das Arbeitsverhältnis bis zum Ende der Kündigungsfrist fortzusetzen, dürfen auch Arbeitnehmenden fristlos kündigen. Tätlichkeiten und Beschimpfungen durch Vorgesetzte (sofern nicht lediglich Bagatellen), sexuelle Übergriffe, schwerwiegende und anhaltende Verstösse gegen Vorschriften über den Gesundheitsschutz und ähnliches berechtigen den Arbeitnehmer zur fristlosen Kündigung.
Auch grössere und wiederholt auftretende Lohnausstände oder die Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers berechtigten den Arbeitnehmer zur fristlosen Kündigung, wenn der Arbeitgeber nicht innert angemessener Frist Sicherheit für die Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis leistet (Art. 337a Obligationenrecht).
Im Volksmund wird eine Freistellung oftmals als fristlose Kündigung verstanden. Das ist falsch! Die Freistellung ist bloss die Entbindung von der Arbeitspflicht während dem Lauf der ordentlichen Kündigungsfrist. Wer also freigestellt wird, dem wurde vorher «normal» gekündigt.
Kündigen Sie somit einem Ihrer Mitarbeitenden und stellen ihn anschliessend frei, so muss er zwar nicht mehr arbeiten, bekommt aber bis zum Ende der Kündigungsfrist seinen vollen Lohn. Die Freistellung können Sie übrigens jederzeit widerrufen, sofern die Kündigungsfrist noch nicht vollständig abgelaufen ist.
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