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Brauchen wir in unserem Dienstleistungsunternehmen ein (genehmigtes) Spesenreglement?

Simon Grenacher
Freitag, 20. Dezember 2019

In meinem Blogbeitrag «Spesen und Auslagen im Dienstleistungsunternehmen» habe ich bereits auf die hohe praktische Relevanz von Spesen und Auslagen im Dienstleistungsunternehmen hingewiesen.

Direkt daran anknüpfend stellt sich nun für viele Firmen die grundsätzliche Frage nach einem Spesenreglement.

Weiter fragt sich: Brauchen wir ein eigenes Spesenreglement? Was sollte in diesem Reglement definiert werden? Für wen in unserem Unternehmen soll es gelten? Und - lohnt es sich, das Reglement von der Steuerbehörde bewilligen zu lassen?

Anspruch auf Auslagenersatz versus Steuer- und Sozialversicherungsrecht

Beim Thema Spesen prallen zwei unterschiedliche Interessenlagen – welche notabene beide gesetzlich geregelt sind – aufeinander.

Einerseits verlangt das Obligationenrecht im Arbeitsvertragsrecht Artikel 327a, dass der Arbeitgeber seinen Mitarbeitenden alle «durch die Ausführung der Arbeit notwendig entstehenden Auslagen» ersetzen muss. Gemäss Artikel 327a Absatz 3 ist diese Vorschrift zwingend einzuhalten und darf auch dann nicht zu Ungunsten des Arbeitnehmers geändert werden, wenn er selbst damit einverstanden wäre. An einem Ersatz der entstandenen Mitarbeiterspesen führt also kein Weg vorbei.

Andererseits haben der Bund und die Kantone – als Steuerämter und als Sozialversicherungsinstitutionen wie AHV, Unfallversicherung oder IV – das Interesse, dass jeder Franken Lohn besteuert und mit Sozialabgaben belastet wird. Denn, Spesen und Auslagenersatz sind steuerfrei. Daher wollen die Behörden logischerweise verhindern, dass Lohn als Spesen ausbezahlt wird.

Dieses Spannungsfeld kann nur mit Hilfe klarer geschriebener Regeln entschärft werden. Ein Spesenreglement schafft dafür die notwendige Basis und Rechtssicherheit.

Spesen versus Lohn

Prinzipiell ist es völlig klar, was Spesen und was Lohn sind. Auch das Gesetz macht einen klaren Unterschied, spricht es doch im oben erwähnten Artikel 327a Obligationenrecht einerseits von «Auslagen», in Artikel 322 hingegen von «Lohn». Auslagen sind nach Aufwand zu ersetzen, Lohn hingegen ist zusätzlich steuer- und sozialabgabenpflichtig.

Solange Spesen auf der Grundlage von Belegen an den Mitarbeitenden zurückbezahlt werden, ist es auch meist einfach und klar. Problematisch wird es erst dort, wo der Auslagenersatz die entstandenen Spesen übersteigt. Das kann naturgemäss vor allem bei Spesenpauschalen der Fall sein.

Auch dieses Spannungsfeld kann nur mit Hilfe klarer Regeln gelöst werden. Zusätzlich drängt sich hier die Genehmigung der Regeln durch die zuständige Behörde auf.

Rechtlich relevante Spesenarten

Das Gesetz unterscheidet zwischen zwei Spesenarten.

Effektive Spesen: Das sind alle Spesenentschädigungen, die im Rahmen der effektiv entstandenen Kosten gegen Beleg vergütet werden. Auch zu den effektiven Spesen gehören pauschale Vergütungen, die für jedes effektiv stattgefundene Ereignis vergütet werden, beispielsweise eine Pauschale von CHF 25 pro Mittagessen im Aussendienst.

Pauschalspesen: Pauschalspesen sind unabhängig von tatsächlichen Kosten entrichtete Pauschalen, so zum Beispiel Fahrzeugpauschalen für die geschäftliche Nutzung privater Motorfahrzeuge. Ebenso in diese Kategorie fallen pauschale Repräsentationsspesen von Kader- und Aussendienstmitarbeitern, die anstelle der effektiven Entschädigung von kleinen Auslagen erfolgen.

Pauschalspesen sind gesetzlich zulässig, müssen aber die tatsächlich entstehenden Auslagen Ihrer Mitarbeitenden vollumfänglich decken. Dabei genügt es, dass die Pauschalspesen über eine längere Periode betrachtet kostendeckend sind. Reichen die vereinbarten Pauschalspesen zur Deckung der Auslagen Ihrer Mitarbeitenden nicht, so dürfen Nachforderungen gestellt werden. Diese sind durch entsprechende Quittungen zu belegen.

Die effektiven Spesen sind wie oben schon erwähnt selten problematisch. Aufpassen müssen Sie in Ihrem Unternehmen vielmehr bei der Festsetzung und Ausrichtung pauschaler Spesenvergütungen. Auch wenn diese in Artikel 327a Absatz 2 Obligationenrecht ausdrücklich erlaubt werden. So sind sie in der Praxis nicht selten eine Gratwanderung zwischen «nicht auslagendeckend» und «verstecktem Lohn». Sind die Pauschalspesen offensichtlich zu hoch, dann spricht man auch von «Phantasiespesen».

Dieses Spannungsfeld lösen Sie ebenfalls nur mit Hilfe klarer, von der zuständigen Behörde genehmigter Regeln nachhaltig.

Nachdem nun also offensichtlich wurde, dass sich eine klare Regelung der Spesenthematik in einem Dienstleistungsunternehmen empfiehlt, stellt sich nur noch die Frage nach dem konkreten Wie.

Wie können Auslagen geregelt werden?

Die ganze Spesenthematik wurde bei der Einführung des neuen Lohnausweises im Jahre 2007 schweizweit harmonisiert und einheitlich geregelt. Da der Lohnausweis als Basis für die Besteuerung und für die Sozialabgaben dient, wurden in seiner Wegleitung drei mögliche Vorgehensweisen für Unternehmen festgelegt.

Variante 1 | Einhaltung der Spesengrundsätze aus der Wegleitung

Die Wegleitung zum Lohnausweis gibt grundsätzliche Regelungen für die Vergütung von effektiven Spesen vor. Sind diese eingehalten, werden die effektiven Spesen akzeptiert und müssen im Lohnausweis nicht mehr aufgeführt werden. Es wird nur angegeben, dass die Grundsätze eingehalten wurden. Pauschalspesen sind weiterhin betragsmässig aufzuführen. Die Steuerverwaltung des Mitarbeiters beurteilt diese in der Veranlagung anschliessend individuell.

Variante 2 | Durch die Steuerverwaltung genehmigtes Spesenreglement

Sie haben als Firma das Recht, Ihr Spesenreglement von der Steuerverwaltung genehmigen zu lassen (hier z.B. im Kanton Aargau, der die Prüfung auch kostenlos vornimmt). Dabei handelt es sich um eine Vereinbarung zwischen Ihrer Firma und der Steuerverwaltung, in der Sie sich verpflichten, nur Spesen im Rahmen des Reglements zu vergüten. Im Gegenzug verpflichten sich die Steuerverwaltungen in der ganzen Schweiz, die bezahlten Spesen als solche zu akzeptieren und ohne Weiteres auf eine Aufrechnung als Lohn zu verzichten. Üblicherweise wird diese Beurteilung auch von der AHV und anderen Sozialversicherungen übernommen.

Die Schweizer Steuerkonferenz hat ein Muster-Spesenreglement geschaffen, welches als Grundlage für individuelle Spesenreglemente dienen soll. Individuell auf Ihr Unternehmen zugeschnittene Regelungen sind möglich, und in begründeten Fällen kann auch von den Grundsätzen aus der Wegleitung abgewichen werden. Im Lohnausweis ist auf das genehmigte Spesenreglement hinzuweisen. Und auch hier entfällt die Angabe der effektiven Spesen. Die pauschalen Spesen sind betragsmässig aufzuführen, sie werden jedoch nicht aufgerechnet.

Variante 3 | Keine oder keine steuerkonforme Regelung

Falls keine der obigen Varianten zur Anwendung kommt, müssen im Lohnausweis die gesamten effektiven und pauschalen Spesen ausgewiesen werden. Die Steuerverwaltung prüft dann in der Veranlagung individuell, wie viel davon als Spesen anerkannt und wie viel als Lohn besteuert wird.

Welche Variante ist nun für Ihr Unternehmen sinnvoll?

Variante 3 ist keinesfalls zu empfehlen, da sie neben einem erheblichen Erfassungsaufwand für die effektiven Spesen zu einer grossen Rechtsunsicherheit sowohl bei den privaten Steuern Ihrer Mitarbeitenden als auch bei den Sozialversicherungsbeiträgen Ihres Unternehmens führt.

Variante 1 kann in einfachen Verhältnissen eine brauchbare Lösung sein, sofern nur selten und unwesentliche Spesenzahlungen vorkommen und keine Pauschalspesen vergütet werden.

In komplexeren Situationen mit viel Aussendienst- und Reisetätigkeit sowie bei der Zahlung von Pauschalspesen führt eigentlich kein Weg an einem genehmigten Spesenreglement - und damit an der Variante 2 – vorbei. Diese Situation trifft wohl bei den meisten Dienstleistungsunternehmen zu.

Fazit

Zusammengefasst heisst dies für Ihr Unternehmen konkret:

  • Fallen in Ihrem Dienstleistungsunternehmen regelmässig Spesen an und kommen auch Pauschalspesen (meist für Kader und Aussendienstler) vor, so sollten Sie unbedingt eine Spesenreglement verfassen und es von der kantonalen Steuerbehörde des Sitzkantons Ihres Unternehmens genehmigen lassen. Verwenden Sie als Basis das oben erwähnte Muster der Schweizer Steuerkonferenz.
  • Gibt es in Ihrem Unternehmen keine Pauschalspesen, uns Sie wollen solche in absehbarer Zeit auch nicht einführen, so können Sie auf ein genehmigtes Reglement verzichten. Halten Sie sich an die Wegleitung zum Lohnausweis oder – besser – verfassen Sie ein eigenes Spesenreglement, ohne es aber genehmigen zu lassen.
  • Im Musterreglement sind alle denkbaren Spesentypen geregelt. Das Reglement unterscheidet gleichzeitig zwischen den effektiven Spesen und einigen Spezialregelungen für Pauschalspesen. Dort legen Sie zudem fest, welche Mitarbeiterkategorien Anspruch auf Pauschalspesen haben. In der Regel werden dies das Kader und Mitarbeitende im Aussendienst sein.
  • Verweisen Sie in den individuellen Arbeitsverträgen auf das Spesenreglement. Damit wird dieses zum integrierten Vertragsbestandteil.
  • Ihr Spesenreglement (abgeleitet aus dem Musterreglement) muss so ausgelegt sein, dass alle tatsächlich entstandenen Auslagen vollständig gedeckt werden. Dies gilt insbesondere bei der Festlegung von Pauschalspesen. Lassen Sie es genehmigen, so können Sie gleichzeitig sicher sein, dass die Festlegungen der Pauschalspesen in Ordnung und nicht zu hoch sind.
  • Ihr Spesenreglement muss mit den Lohnausweisen Ihrer Firma übereinstimmen.

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