Regelmässig müssen sich Gerichte mit strittigen Forderungen nach Überstundenentschädigungen von ausgetretenen Arbeitnehmenden beschäftigen. Dabei geht es oft nicht nur um die Frage nach erbrachten Überstunden, regelmässig wird auch die finanzielle Abgeltung von Überzeit verlangt.
Das wäre nicht nötig. Wenn Sie als Arbeitgeber die folgenden Ausführungen kennen und in Ihrem Unternehmen umsetzen, dann sind Sie vor solchen, für beide Seiten unerfreulichen, Auseinandersetzungen gefeit.
Das Gesetz lässt Arbeitgeber und Arbeitnehmer grundsätzlich einen grossen Spielraum zur vertraglichen Ausgestaltung von Überstunden und ihrer Entschädigung. Die Vertragsbestimmungen müssen jedoch gesetzeskonform, klar und verständlich sein. Sind sie das nicht, tritt automatisch das Gesetz an ihre Stelle.
In der Praxis finden sich oft in Arbeitsverträgen Überstundenregelungen, die unklar sind und folglich nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses regelmässig zu Streitigkeiten führen. In der Folge beleuchte ich die Themen «Überstunden» und «Überzeit» und schliesse meinen Beitrag alsdann mit konkreten Tipps, wie Sie die Arbeitsverträge in Ihrem Dienstleistungsunternehmen «sicherer» machen können.
Überstunden sind Arbeitsstunden, welche die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit übersteigen. Gelten in Ihrem Unternehmen also beispielsweise 40 Stunden pro Woche bei 100% Pensum als vertragliche Arbeitszeit, so zählen die Stunden über 40 bis zur Überzeitgrenze von 45 Stunden (dazu später mehr) als Überstunden. Diese geleisteten Überstunden sind gemäss Gesetz entschädigungs- und zuschlagspflichtig. Die Vertragsparteien, also der Arbeitgeber und Arbeitnehmer können aber davon abweichen.
Arbeitnehmende haben normalerweise nur das vertraglich vereinbarte Arbeitspensum (wir nennen dies in unseren Firmen meist Soll-Arbeitszeit) zu verrichten. Ausnahmsweise müssen sie Überstunden leisten, nämlich wenn folgende vier Voraussetzungen gleichzeitig erfüllt sind (Art. 321c Abs. 1 Obligationenrecht):
Diese Überstunden müssen mit einem Zuschlag von 25 % vergütet oder – wenn der Arbeitnehmende damit einverstanden ist – durch Freizeit von mindestens gleicher Dauer kompensiert (Art. 321c Obligationenrecht) werden. Diese gesetzliche Regelung darf im Arbeitsvertrag aber geändert werden.
Überstundenzuschlag und Kompensation durch Freizeit können vertraglich ganz oder teilweise ausgeschlossen werden: So kann im Arbeitsvertrag definiert werden, dass allfällige Überstunden bereits mit dem monatlichen Lohn abgegolten werden oder, dass Überstunden erst ab einer bestimmten Anzahl ausbezahlt werden.
Die Kompensation von Überstunden durch Freizeit darf nicht einseitig vom Arbeitgeber verordnet werden: Als Arbeitgeber dürfen Sie die Kompensation durch Freizeit nicht einseitig diktieren. Selbst dann nicht, wenn Sie Ihren Mitarbeitenden freigestellt haben (und ihm während seiner Freistellungszeit den Lohn bezahlen). Möchten Sie daher unbedingt, dass Ihre Mitarbeitenden die Überstunden durch Freizeit kompensieren, so sollten Sie dazu eine entsprechende Regel im Arbeitsvertrag aufnehmen. Soll die kompensierte Freizeit ausserdem länger als die aufgelaufenen Überstunden sein (z.B. plus 25% analog zum Überstundenzuschlag), so empfiehlt es sich, auch dies vertraglich zugunsten des Arbeitnehmenden festzulegen.
Achtung: Die oben beschriebenen vertraglichen Möglichkeiten werden oft von sogenannten Gesamtarbeitsverträgen eingeschränkt. Als Arbeitgeber müssen Sie diese Verträge zwingend beachten. Bevor Sie also Überstunden oder Kompensationen in Ihren Arbeitsverträgen ausschliessen, sollten Sie prüfen, ob für Ihre Branche und Ihr Unternehmen ein Gesamtarbeitsvertrag gilt und, was dort in diesen Fragen zwingend geregelt ist.
Überstunden sind immer dann notwendig, wenn sie vom Arbeitgeber angeordnet werden. Sind die Überstunden angeordnet, so ist der Arbeitnehmende gemäss Art. 321c Abs. 1 Obligationenrecht zu ihrer Leistung auch verpflichtet. Andererseits wurden die Überstunden nicht angeordnet, so hat der Arbeitnehmenden auch keinen Anspruch auf eine Entschädigung.
In der Praxis stellt sich oft die Frage, was unter Anordnung der Überstunden genau zu verstehen ist und wie diese konkret zu erfolgen hat. Die «Anordnung» muss nämlich nicht immer explizit erfolgen. Dazu folgendes:
Die Anordnung kann auch durch nachträgliche Genehmigung und sogar stillschweigend erfolgen. Einer ausdrücklichen Anordnung von Überstundenarbeit gleichgesetzt ist es, wenn der Arbeitgeber von der Leistung der Überstunden wusste (oder hätte wissen müssen) und dagegen nicht eingeschritten ist. Das gilt selbst dann, wenn im Arbeitsvertrag nur ausdrücklich angeordnete Überstunden als abgeltungspflichtig bezeichnet werden.
Wenn Sie als Arbeitgeber also um die Überstundenarbeit Ihres Arbeitnehmers wissen oder wissen mussten und nichts dagegen unternehmen, gelten die Überstunden als angeordnet und damit genehmigt und sind folglich – sofern nichts anderes vereinbart ist – mit Zuschlag entschädigungspflichtig.
Es empfiehlt sich also dringend, als Arbeitgeber die Überstunden seiner Arbeitnehmenden sauber unter Kontrolle zu halten. Dazu empfehle ich natürlich den Einsatz einer professionellen Projektmanagement-Software wie beispielsweise proles ;-).
Leitende Angestellte sind Arbeitnehmende mit Kaderfunktion, welche grosse Entscheidungskompetenzen haben, in der Regel einen höheren Lohn beziehen sowie in ihrer Zeiteinteilung frei sind. Bei diesen Mitarbeitenden, bei welchen die Arbeitszeit oft nicht exakt nach Stunden definiert ist, wird in der Rechtspraxis davon ausgegangen, dass die Leistung eines höheren Pensums (eben der Überstunden) auch durch den höheren Lohn bereits abgegolten wird.
Leitende Angestellte haben nach neuerer bundesgerichtlicher Rechtsprechung nur dann einen Anspruch auf Bezahlung von Überstunden, wenn einer der folgenden Fälle gegeben ist:
Als Arbeitgeber sollte man sich jedoch nicht auf die Qualifizierung als leitender Angestellter verlassen, sondern vorab eine klare Überstundenregelung in Verträgen für leitende Angestellte (das Kader) aufnehmen.
Überstunden sind zu unterscheiden von Überzeit.
Überzeitstunden sind Arbeitsstunden, welche die gesetzliche Höchstarbeitszeit von 45 Stunden (für Arbeitnehmer in industriellen Betrieben sowie für Büropersonal, technische und andere Angestellte, einschliesslich des Verkaufspersonals in Grossbetrieben des Detailhandels) bzw. 50 Stunden (für alle übrigen Arbeitnehmer) pro Woche übersteigen.
Die Unterscheidung zwischen Überstunden und Überzeit ist da von Bedeutung, wo die Entschädigung für Überstundenarbeit vertraglich ausgeschlossen wurde. Das geht bei der Überzeit nämlich nicht. Gemäss Arbeitsgesetz muss die Überzeit zwingend mit einem Zuschlag von 25 % vergütet oder – wenn der Arbeitnehmende damit einverstanden ist – durch Freizeit von mindestens gleicher Dauer kompensiert werden. Eine Wegbedingung der Entschädigung für erbrachte Überzeit (mit Zuschlag) oder Kompensation wäre gegen das Arbeitsgesetz und somit ungültig.
Ausnahme: Das Gesetz unterscheidet zwischen «leitenden Angestellten» (Kader) und «höheren leitenden Angestellten» (Verwaltungsräte, Geschäftsführer etc.). Das Arbeitsgesetz gilt für höhere leitende Angestellte nicht. Diese können daher gar keine Überzeit arbeiten.
Da die Leistung von Überzeit – im Gegensatz zu den Überstunden – meist die Ausnahme bleibt, kann eine Regelung der Überzeit im Arbeitsvertrag vernachlässigt werden. Zumal dort – wie oben grad gesehen – kaum Spielraum für vertragliche Abweichungen vorhanden ist.
Als Zusammenfassung aus meinen obigen Ausführungen empfehle ich folgende Regelungen in den Arbeitsverträgen in Ihrem Dienstleistungsunternehmen.
Bei höheren leitenden Angestellten. Also beispielsweise bei einem angestellten Geschäftsführer:
Bei leitenden Angestellten (Ihrem Kader)
Bei allen anderen Angestellten:
In der Praxis kommt es auch immer wieder vor, dass nicht Überstunden, sondern Minusstunden (also zu wenig geleistete Arbeitszeit) entstehen.
Das geschieht in der Regel dann, wenn im Unternehmen zu wenig Arbeit vorhanden ist und der Chef seine Angestellten vorzeitig nach Hause schickt. Geschieht dies häufiger, dann entstehen Minusstunden. Diese sind aber nicht von den Arbeitnehmenden zu verantworten und berechtigen somit weder zu einer Lohnkürzung, noch zu einer Kompensation mit Ferien.
Solange der Arbeitnehmende zur Arbeitsleistung bereit ist, und dies auch ausdrücklich kommuniziert, darf ihn der Arbeitgeber zwar bei zu wenig Arbeit nach Hause schicken, muss ihm aber die volle Soll-Arbeitszeit anrechnen und auch den vollen Lohn bezahlen.
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