In einem früheren Blogbeitrag habe ich die in der Schweiz geltende Regelung hinsichtlich flexibler Arbeitszeitmodelle hergeleitet. Mit dieser Erkenntnis:
Flexible Arbeitszeitmodelle sind nur dann legal, wenn sie sich an alle Vorschriften des Arbeitsgesetzes und an die zwingenden Vorschriften des Arbeitsvertragsrechts im Obligationenrecht halten.
Die Praxis hat demnach in den vergangenen Jahrzehnten verschiedene Modelle für flexibleres Arbeiten entwickelt und eingeführt. Die meisten davon sind gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt. Sie müssen aber trotzdem – wie oben bereits festgestellt – den gesetzlichen Vorschriften genügen.
Was bietet die Praxis konkret?
Gleitende Arbeitszeit gibt es schon seit längerer Zeit. Sie sieht vor, dass der Arbeitnehmende einen Teil seiner Arbeitszeit zeitlich so legen kann, wie er möchte. Meist gibt es eine Blockzeit, in welcher alle Mitarbeitenden am Arbeitsplatz sein müssen (z.B. von 10-12 und von 14 bis 16 Uhr). Die Zeiten ausserhalb der Blockzeiten dürfen aber flexibel genutzt werden.
Die gleitende Arbeitszeit ist primär ein flexibles Instrument für Arbeitnehmende. Sie hat für den Arbeitnehmenden keinen Einfluss auf seinen Lohn.
Die gleitende Arbeitszeit darf zwingende Gesetzesvorschriften wie die gesetzliche Höchstarbeitszeit, die Ruhezeiten, das grundsätzliche Verbot von Nacht- und Sonntagsarbeit etc. aber nicht verletzen. Dadurch ist deren Flexibilität faktisch eingeschränkt. So darf beispielsweise ein Arbeitnehmender nicht einfach mit dem Hinweis auf gleitende Arbeitszeit von z.B. 20 Uhr bis 04 Uhr in der Früh arbeiten, da er damit das Nachtarbeitsverbot verletzen würde.
Auch die Teilzeitarbeit ist ein älteres Modell zur Flexibilisierung der Arbeitszeit. Sie sieht vor, dass ein Arbeitnehmender nicht ein 100% Pensum, sondern z.B. bloss 50% arbeitet. Die Teilzeitarbeit kann auch mit gleitender Arbeitszeit kombiniert werden, was häufig vorkommt.
Die Teilzeitarbeit ist primär ein flexibles Instrument für Arbeitnehmende. Sie verdienen aber auch nur den Lohnanteil, der ihrem Arbeitspensum entspricht, also z.B. 50%.
Auch die Teilzeitarbeit darf zwingende Gesetzesvorschriften nicht verletzen. Da allerdings auch nur teilzeit gearbeitet wird, ist natürlich der Spielraum für die Erbringung der geschuldeten Arbeitszeit wesentlich grösser wie bei einem Vollzeit-Pensum. Ein solches besteht in der Schweiz in der Regel aus rund 42 Stunden pro Woche, je nach Branche und Betrieb.
Jobsharing ist zwar noch nicht sehr alt, wird aber immer häufiger angeboten und gemacht. Jobsharing bedeutet, dass eine Vollzeitstelle mit einem 100% Pensum (von z.B. 42 Stunden pro Woche) auf zwei Arbeitnehmende aufgeteilt wird. Indem beide z.B. 50% arbeiten oder die eine z.B. 60% und die andere 40%. Jobsharing heisst also für diejenigen, die sich einen Job «sharen» nichts anderes, als dass sie in einem Teilzeitpensum arbeiten.
Jobsharing ist primär ein flexibles Instrument für Arbeitnehmende. Sie verdienen aber auch nur den Lohnanteil, der ihrem Arbeitspensum entspricht, also z.B. 50% oder 60%/40%.
Auch Jobsharing darf zwingende Gesetzesvorschriften nicht verletzen. Da allerdings auch nur teilzeit gearbeitet wird, ist natürlich der Spielraum für die Erbringung der geschuldeten Arbeitszeit wesentlich grösser wie bei einem Vollzeit-Pensum.
Vertrauensarbeitszeit ist eher selten. Sie bedeutet, dass der Arbeitnehmende keine Arbeitszeiterfassung macht und der Arbeitgeber ihm vertraut, dass er seine vertraglich Arbeitszeit wie vereinbart auch wirklich arbeitet. Faktisch interessiert er sich ohnehin nur für die Arbeitsresultate, so dass die Arbeitszeit bloss eine untergeordnete Rolle spielt.
Das Modell der Vertrauensarbeitszeit steht grundsätzlich im Widerspruch zum Arbeitsvertragsrecht. Denn dieses bezahlt den Mitarbeitenden für seine Zeit, die er dem Arbeitgeber zur Verfügung stellt und nicht für sein Arbeitsergebnis. Rechtlich würde sich für einen solchen Fall ein Werkvertrag besser eignen.
Die Vertrauensarbeitszeit ist ganz klar ein flexibles Instrument für Arbeitnehmende. Ein Modell mit Vertrauensarbeitszeit ist für die meisten Arbeitnehmenden illegal. Und zwar für alle, welche dem Arbeitsgesetz unterstehen. So verlangt das Arbeitsgesetz in Artikel 45, dass eine detaillierte und lückenlose Zeiterfassung gemacht wird. Doch gerade diese soll ja bei der Vertrauensarbeitszeit vermieden werden. So dürfen beispielsweise nicht leitende, hochqualifizierte Fachkräfte wie Projektleiter, Software-Entwickler, Architekten und Ingenieure etc. nicht mit einem Modell der Vertrauensarbeitszeit geführt werden.
Für Arbeitnehmer, die eine höhere leitende Tätigkeit (z.B. Geschäftsführer, Bereichsleiter etc.) ausüben, darf hingegen ein Modell mit Vertrauensarbeitszeit eingeführt werden, da sie dem Arbeitsgesetz gar nicht unterstehen. Das gleiche gilt natürlich auch für Geschäftsinhaber, die in ihrer eigenen Firma angestellt sind, da sie rechtlich ebenfalls als Arbeitnehmer mit einer höheren leitenden Tätigkeit gelten.
Bei Home-Office und bei mobiler Arbeit wird die Arbeit (ganz oder teilweise) nicht am Arbeitsplatz im Unternehmen geleistet. Beide Arbeitsformen sind nicht neu, haben aber durch die Corona-Pandemie massiv an Aktualität gewonnen.
Beide Arbeitsformen dienen vor allem der Flexibilität des Arbeitnehmenden. Mobiles Arbeiten ist zusätzlich eine Arbeitsform, die bei sich bei bestimmten Berufen (z.B. im Verkauf) aufdrängt. Davon profitieren auch die Arbeitgeber.
Weder Home-Office noch mobile Arbeit von unterwegs sind gesetzlich speziell geregelt. Sie müssen sich somit beide an die geltenden gesetzlichen Vorschriften halten. Faktisch ist allerdings die Kontrolle wesentlich schwieriger, wenn nicht gar unmöglich. Daher bedürfen beide Arbeitsformen ein recht hohes Mass an gegenseitigem Vertrauen. Auf die lückenlose Zeiterfassung sollte ebenfalls nicht verzichtet werden.
Rufbereitschaft bzw. Pikettdienst zeichnen sich dadurch aus, dass eigentlich gar nicht gearbeitet, sondern eher auf Arbeit gewartet wird. Dabei unterscheidet das Gesetz zwischen zwei Formen.
Da, wo die Rufbereitschaft als normale Arbeitszeit gilt, gelten alle Regeln für die Arbeits- und Ruhezeiten.
Als flexible Arbeitszeit ist die Rufbereitschaft allerdings nur dann zu verstehen, wenn sie als normale Arbeitszeit gilt (oben Fall 1). Anderenfalls gilt ja die Rufbereitschaft gar nicht als Arbeitszeit.
Das Arbeitsgesetz definiert die Arbeitszeit immer auf eine Woche bezogen (z.B. Artikel 9 ArbG).
Das Modell der Jahresarbeitszeit (kurz JAZ) hingegen definiert die Arbeitszeit auf der Basis von einem ganzen Kalenderjahr. Es werden 52 Wochen mit der vertraglich definierten Sollarbeitszeit von z.B. 42 Stunden/Woche multipliziert und die gesetzlichen Feiertage abgezogen. Im obigen Beispiel kommt man dann auf ca. 2150 Arbeitsstunden/Jahr. Davon können noch die Ferien abgezogen werden.
Das Modell besagt nun, dass der Arbeitnehmende erst am Ende des Jahres auf seine JAZ kommen muss, während er unter dem Jahr teilweise mehr oder weniger arbeiten darf bzw. muss – sofern die Initiative vom Arbeitgeber aus geht. Abgerechnet wird am Ende des Jahres und dann sollte der Saldo ausgeglichen sein. Ist dies nicht der Fall, so wird vorgängig im Arbeitsvertrag geregelt, was mit einem Plus-Saldo bzw. mit einem Negativ-Saldo geschehen soll.
Auch das Jahresarbeitszeitmodell darf zwingende Gesetzesvorschriften wie die gesetzliche Höchstarbeitszeit, die Ruhezeiten, das grundsätzliche Verbot von Nacht- und Sonntagsarbeit etc. nicht verletzen. Dadurch ist seine Flexibilität faktisch natürlich eingeschränkt. Ein Arbeitnehmer, der beispielsweise im ersten Halbjahr seine ganze Jahresarbeitszeit arbeitet, damit er danach 6 Monate Ferien machen kann, würde mit Sicherheit alle möglichen Ruhezeitvorschriften und auch regelmässig die wöchentliche Höchstarbeitszeit grob verletzen.
Trotzdem bietet das Modell der JAZ ein Höchstmass an Flexibilität, und ist dann legal, sofern es den gesetzlichen Spielraum nicht überstrapaziert.
Unter Lebensarbeitszeit wird weniger ein Modell für flexibles Arbeiten im engeren Sinn verstanden als vielmehr die gesamte Arbeitszeit, die Arbeitnehmende bis zu ihrer Pensionierung arbeiten müssen.
Für die LAZ gilt ansonsten das oben für die JAZ gesagte analog.
Nachtarbeit und Sonntagsarbeit sind in der Schweiz grundsätzlich verboten. Arbeitgeber, die eine dieser Arbeitsformen nutzen wollen, brauchen dafür eine Bewilligung. Und Arbeitnehmende, welche eine dieser Arbeitsformen praktizieren, haben Anspruch auf einen Gehaltszuschlag und/oder eine Kompensation in der Form von freien Arbeitstagen. Beide Arbeitsformen und ihre Bewilligungen sind gesetzlich geregelt und damit besteht wenig Spielraum.
Nachtarbeit und Sonntagsarbeit sind auch nicht als flexible Arbeitsform gedacht, sondern für solche Berufe und Tätigkeiten, welche von ihrer Natur her in der Nacht oder am Sonntag erbracht werden müssen (Tourismus, in Spitälern, auf dem Flughafen etc.).
Dasselbe gilt für Schichtarbeit, die im Arbeitsgesetz ausdrücklich geregelt wird. Sie hat den Zweck, dass vorhandene Maschinen und Ressourcen besser ausgelastet werden können, oder, dass notwendige Leistungen rund um die Uhr erbracht werden können (z.B. Bahn- oder Flugzeugwartung, Spitaldienst etc.) und weniger, dass damit die Arbeitszeit für Arbeitnehmende flexibilisiert werden kann. Daher ist auch die Schichtarbeit klar ein Mittel für Arbeitgeber und keines für Arbeitnehmende, welche in der Regel gar nicht Schicht arbeiten wollen.
Eines ist allen flexiblen Arbeitsmodellen gemeinsam. Sie müssen, damit sie funktionieren, über eine Zeiterfassung nachvollziehbar gemacht werden. Dazu braucht es eine passende und professionelle Software für Zeiterfassung. Das gilt einzig bei der Vertrauensarbeitszeit nicht, die aber ohnehin legal nur sehr selten anwendbar ist.
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in der Rubrik Arbeitsrecht