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Wem gehören Erfindungen von Mitarbeitenden?

Simon Grenacher
Freitag, 12. Juni 2020

Immer wieder kommt es vor, dass Arbeitnehmende nicht nur einfach ihren Job machen, sondern dabei auch noch kleinere oder grössere Verbesserungen für ihre Firma «erfinden».

Das geschieht speziell da, wo Mitarbeitende einen grossen Freiraum geniessen und wo nicht jeder Handgriff und jeder Prozess strikte vorgegeben sind. In der Praxis ist dies bei vielen Dienstleistungsunternehmen der Fall. Denken wir beispielsweise an Architekten, an Software-Entwickler oder auch an Werber und Grafiker.

Wem gehören nun diese Verbesserungen, die ein Arbeitnehmer kreiert? Und – was gilt es für Dienstleistungsunternehmen diesbezüglich zu beachten?

Grundsatz: Alles, was Mitarbeiter produzieren, gehört dem Arbeitgeber

Der Grundsatz ist völlig klar. Das Recht am sogenannten Arbeitsergebnis, also dem, was ein Arbeitnehmer während seiner Arbeitszeit im Auftrag seiner Firma erstellt, liegt beim Arbeitgeber (Artikel 321b Obligationenrecht). Das ist auch völlig logisch, wird der Arbeitnehmer ja auch genau dafür angestellt und bezahlt.

Das Gesetz unterscheidet weiter jedoch zwischen «normalen» Ergebnissen einer Arbeit und zwischen «Erfindungen» und «Designs». Bei Zweiteren gilt der Grundsatz nicht mehr uneingeschränkt.

«Erfindungen» und «Designs» gemäss Artikel 332 Obligationenrecht

Das Arbeitsrecht spricht in Artikel 332 Obligationenrecht von «Erfindungen» und «Designs». Was versteht das Gesetz – im Vergleich zur «normalen Arbeit» von Arbeitnehmern – darunter?

Im Gegensatz zur normalen Arbeit zeichnen sich Erfindungen und Design dadurch aus, dass sie vom Erfinder eine «schöpferische Leistung» verlangen. Verfolgt er hingegen bloss Arbeitsanweisungen, Prozesse und Checklisten, so kann keinesfalls von einer solchen gesprochen werden. Die Grenze liegt also dort, wo ein Mitarbeiter selbständig, kreativ und eben schöpferisch tätig wird.

Führt diese Tätigkeit zu einer für den Arbeitgeber verwertbaren Verbesserung seiner Leistungen und Produkte, so kommt Artikel 332 Obligationenrecht zur Anwendung. Dabei spielt es übrigens keine Rolle, ob die Erfindung oder das Design gesetzlich überhaupt geschützt werden könnte, z.B. als Patent oder Marke.

Wir unterscheiden zwischen drei Arten von Erfindungen.

«Diensterfindungen» gehören dem Arbeitgeber

Der Regelfall sind Diensterfindungen. Das sind Erfindungen oder Designs, welche erstens «in Ausübung der dienstlichen Tätigkeit» und zweitens «in Erfüllung der arbeitsvertraglichen Pflichten» entstanden sind.

Übersetzt heisst dies, dass die Diensterfindungen während der Arbeitszeit entstanden sind und gleichzeitig zum Aufgabengebiet des Arbeitnehmenden gehören müssen. Erfindet also z.B. ein Ingenieur während seiner Arbeitszeit ein massive Verbesserung einer bestehenden Maschine oder sogar eine ganz neue Maschine, oder programmiert ein Softwareentwickler während seiner Arbeitszeit einen genialen neuen Algorithmus, oder kreiert ein Werber während seiner Arbeitszeit eine absolut bahnbrechende neue Kampagne, so sind das allesamt Diensterfindungen.

Diensterfindungen gehören dem Arbeitgeber, hat er doch genau dafür seinen Arbeitnehmer angestellt und bezahlt ihm auch dafür den Lohn.

Hinweis: Es ist daher wichtig, dass das Aufgabengebiet und der Tätigkeitsbereich des Arbeitnehmenden im Arbeitsvertrag – oder einem dazu gehörigen Pflichtenheft – detailliert und möglichst genau beschrieben werden. Denn, solange der Arbeitnehmer diese dort festgehaltenen Pflichten erfüllt, wird er daraus entstehende Erfindungen nicht für sich selbst reklamieren können.

«Gelegenheitserfindungen» gehören grundsätzlich dem Arbeitnehmer

Die Gelegenheitserfindung entsteht zwar auch während der Arbeitszeit («in Ausübung der dienstlichen Tätigkeit»), gehört aber eben nicht zum Aufgabengebiet eines Arbeitnehmenden und entstand somit nicht «in Erfüllung der arbeitsvertraglichen Pflichten».

In Bezug auf die oben aufgeführten Beispiele ist somit eine Gelegenheitserfindung die neue Maschine, erfunden durch einen Servicetechniker (der ist nicht für das Engineering neuer Maschinen zuständig ist), der geniale Algorithmus eines Supporters (der nicht für die Software-Entwicklung angestellt wurde) oder die Werbekampagne eines Buchhalters (der keine kreative Werbung machen muss).

Gelegenheitserfindungen gehören dem Arbeitnehmer. Das Gesetz sieht aber in Absatz 2 von Artikel 332 Obligationenrecht vor, dass der Arbeitgeber diese Erfindungen dem Arbeitnehmer abkaufen darf. Dieses Erwerbungsrecht muss er sich im Arbeitsvertrag vorher schriftlich zugesichert haben.

Hinweis: Sichern Sie sich als Dienstleistungsunternehmen in Ihren Arbeitsverträgen stets das Recht zum Erwerb von Gelegenheitserfindungen schriftlich zu. Im Einzelfall können Sie immer noch entscheiden, ob sie davon auch Gebrauch machen wollen. Dazu haben Sie 6 Monate Zeit, nachdem Sie von der Erfindung erfahren haben (Artikel 332 Absatz 3 Obligationenrecht).

«Freie Erfindungen» gehören dem Arbeitnehmer

Erfindet der Arbeitnehmer hingegen etwas, was mit seiner Arbeit und seinem Arbeitgeber im Zusammenhang steht in seiner Freizeit und ausserhalb seines eigentlichen Aufgabenfelds in der Firma, so spricht man von einer freien Erfindung.

Freie Erfindungen gehören immer dem Arbeitnehmer. Er kann damit machen, was er will. In der Rechtspraxis gibt es zwar Stimmen, die aus der Treuepflicht des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber (Artikel 321a Abs. 1 Obligationenrecht) eine sogenannte «Andienungspflicht» ableiten. Was soviel heissen würde, dass der Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber mitteilen müsste, wenn er eine freie Erfindung getätigt hat und dieser wiederum die Möglichkeit hätte, die Erfindung zu erwerben. Fälle von freien Erfindungen sind in der Praxis jedoch sehr selten.

Hinweis: Regeln Sie trotzdem auch die freien Erfindungen im Arbeitsvertrag. Auch wenn sie nur alle Jubeljahre mal vorkommen, damit sind Sie als Arbeitgeber auf der sicheren Seite.

Fazit und Empfehlungen an Dienstleistungsunternehmen

Als Dienstleistungsunternehmen tun Sie gut daran, das Thema Erfindungen und Designs in Ihren Arbeitsverträgen zu regeln. Vor allem dann, wenn Sie Arbeitnehmer beschäftigen, die aufgrund ihres Jobs und ihrer Aufgabenbeschriebe für interessante und nutzbare Verbesserungen in Ihrem Unternehmen in Frage kommen. Das gilt sicher für folgende Dienstleistungsberufe: Software-Entwickler, Software-Ingenieure, IT-Engineers, Werber, Grafiker, Designer, Architekten oder auch Consultants und somit für Berufe, wo eine hohes Mass an Kreativität und Eigenständigkeit verlangt wird.

Folgende Dinge sollten Sie schriftlich regeln:

  • Alle Mitarbeitenden sollten ein möglichst umfassendes Stellenprofil mit Aufgabenbeschrieb haben.
  • Vereinbaren Sie, dass Ihr Unternehmen das Recht hat, Gelegenheitserfindungen (Erfindungen während der Arbeitszeit aber ausserhalb des Aufgabenbeschriebs) vom Mitarbeiter zu erwerben.
  • Lassen Sie sich ebenfalls zusichern, dass Sie über freie Erfindungen (Erfindungen in der Freizeit und ausserhalb des Aufgabenbeschriebs) informiert werden wollen.

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