Fragen Sie sich gerade ernsthaft, ob es tatsächlich behördliche Kontrollen der Arbeitszeiterfassung gibt? Sie haben nämlich noch nie etwas davon gehört. Oder lesen Sie diesen Beitrag nur deswegen, weil in Ihrem Betrieb soeben eine Kontrolle angekündigt wurde?
Die Industrie- und Gewerbeaufsichten der Kantone (im Auftrag des Bundes und des SECO) kontrollieren aufgrund von Anzeigen und auch aus eigenem Antrieb stichprobenmässig die Einhaltung der Vorschriften über die Arbeitszeiterfassung. Meist zusammen mit der Kontrolle anderer Arbeitsschutzmassnahmen.
Den kontrollierenden Behörden ist der Zutritt zu den Betrieben zu gewähren und sie dürfen Mitarbeitende auch ohne Anwesenheit von Drittpersonen befragen. Firmen, welche ihrer Pflicht zur Zeiterfassung nicht nachkommen, werden gemahnt. Kommen sie ihrer Pflicht weiterhin nicht nach, so können sie gebüsst werden. In krassen Fällen, wo die Gesundheit der Mitarbeitenden ernsthaft gefährdet wird, können die Behörden als ultimo Ratio sogar den ganzen Betrieb schliessen.
Die Arbeitszeiten müssen von Gesetzes wegen lückenlos erfasst und protokolliert werden (Artikel 46 Arbeitsgesetz). Namentlich müssen Dauer, Beginn und Ende der geleisteten täglichen und wöchentlichen Arbeitszeiten (inklusive Ausgleichs- und Überzeitarbeit) sowie der Pausen von einer halben Stunde und mehr aus der Zeiterfassung klar ersichtlich sein (Artikel 73 Verordnung 1 des Arbeitsgesetzes ArGV 1).
Diese Pflicht obliegt den Arbeitgebern – also den Unternehmen. Sie dürfen die Ausführung zwar an ihre Mitarbeitenden delegieren, bleiben gegenüber den Behörden aber uneingeschränkt in der Verantwortung.
Am 1. Januar 2016 wurden zusätzlich mit den Artikeln 73a und 73b ArGV 1 zwei Ausnahmen zur systematischen Pflicht zur Arbeitszeiterfassung eingeführt. Diese neuen Bestimmungen ermöglichen es, unter klar definierten Bedingungen Abweichungen von der umfassenden Arbeitszeiterfassungspflicht zu vereinbaren.
In einem Gesamtarbeitsvertrag kann vorgesehen werden, dass auf die Protokollierung der Arbeitszeiten verzichtet werden darf. So kann generell auf die tägliche Arbeitszeiterfassung, auf die Erfassung der Ruhetage und auf die Erfassung der Pausen verzichtet werden. Allerdings nur unter den folgenden Bedingungen, welche gemeinsam erfüllt sein müssen:
Der Arbeitgeber hat den Gesamtarbeitsvertrag und die individuellen Verzichtsvereinbarungen sowie ein Verzeichnis der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die auf die Arbeitszeiterfassung verzichtet haben, mit der Angabe ihrer Bruttojahreseinkommen den Vollzugs- und Aufsichtsorganen zur Verfügung zu halten.
Wichtig: Ohne Vorliegen und Anwendung eines Gesamtarbeitsvertrags darf ein Unternehmen keinen Verzicht auf die Arbeitszeiterfassung in Eigenregie einführen. Auch wenn dies in den individuellen Arbeitsverträgen so vorgesehen wäre und, wenn die Arbeitnehmenden dem ausdrücklich zugestimmt hätten.
Neben dem Verzicht auf die Arbeitszeiterfassung sieht das Gesetz in Artikel 73b ArGV eine vereinfachte Arbeitszeiterfassung vor.
Die Arbeitnehmervertretung einer Branche oder eines Betriebs oder, wo eine solche nicht besteht, die Mehrheit der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen eines Betriebs kann mit dem Arbeitgeber vereinbaren, dass für Mitarbeitende, die ihre Arbeitszeiten zu einem namhaften Teil selbst festsetzen können, einzig die geleistete tägliche Arbeitszeit erfasst werden muss (ohne deren genaue Lage und ohne Angabe der Pausen).
Bei der vereinfachten Arbeitszeiterfassung braucht es also keinen zugrunde liegenden Gesamtarbeitsvertrag, es genügt schon die Mehrheit der Mitarbeitenden in einer Firma. Zusätzlich gilt: In Betrieben mit weniger als 50 Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen kann die vereinfachte Arbeitszeiterfassung auch individuell zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmenden schriftlich vereinbart werden, ohne dass vorher eine Abstimmung in der ganzen Belegschaft durchgeführt wurde.
Das Staatssekretariat für Wirtschaft SECO hat eine Checkliste entwickelt, welchen den Unternehmen hilft, sich auf die Kontrolle der Arbeitszeiten durch die Behörden optimal vorbereiten zu können. Die Checkliste berücksichtigt insbesondere auch die beiden oben beschriebenen Ausnahmefälle des Verzichts und der vereinfachten Arbeitszeiterfassung, welche beide auf höherwertige Dienstleistungen zugeschnitten sind.
Die Checkliste dient als Hilfsmittel für die Prüfung und zur Feststellung, ob die Bestimmungen zur Arbeitszeiterfassung korrekt umgesetzt wurden. Gleichzeitig hilft sie dem Unternehmen, sich rechtssicher auf eine Kontrolle vorbereiten zu können.
Die Checkliste geht ausserdem auf das Vorliegen der gesetzlich notwendigen Bedingungen zum Verzicht bzw. zur Einführung einer vereinfachten Arbeitszeiterfassung ein. Anhand der Punkte kann schnell und einfach ermittelt werden, welche Voraussetzungen für die Erleichterungen zur Arbeitszeiterfassung notwendig sind und, ob diese im Unternehmen tatsächlich vorhanden sind.
Im abschliessenden Teil der Checkliste wird abgefragt, ob die effektive Arbeitszeiterfassung gesetzeskonform vorgenommen wird.
Die Checkliste ist so aufgebaut, dass sie alle vier gesetzlich vorgesehenen Arten von Arbeitnehmenden umfasst.
Die aktuelle Checkliste im pdf-Format finden Sie im Beitrag «Arbeitszeiterfassung» des SECO und kann direkt dort herunter geladen werden.
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in der Rubrik Arbeitsrecht