Bei der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses denken wir immer sofort an Kündigung (Was Sie als Dienstleistungs-Arbeitgeber über die Kündigung von Arbeitsverträgen wissen sollten). Doch, es gibt eine Alternative. So wie jederzeit ein neuer Arbeitsvertrag zwischen einer Firma und einem Arbeitnehmenden abgeschlossen werden kann, kann ein solcher auch jederzeit wieder einvernehmlich aufgelöst werden. Wir sprechen dann von einem «Aufhebungsvertrag», der übrigens in der Praxis – vor allem bei Kadermitarbeitern und bei Fachspezialisten – recht oft vorkommt.
Der Aufhebungsvertrag führt dazu, dass sich der Arbeitnehmende und der Arbeitgeber über alle Auflösungsfragen und -folgen als gleichberechtigte Partner auseinandersetzen, wie seinerzeit auch beim Abschluss des Arbeitsvertrags. Beide Parteien wahren damit ihre «Ehre» und es wird – im Gegensatz zu einer Kündigung – kein Verlierer vom Platz gehen müssen.
Der Aufhebungsvertrag hat für beide Parteien handfeste Vorteile.
Für den Arbeitgeber: Liegt ein rechtmässiger Aufhebungsvertrag vor, so drohen ihm beispielsweise keine Sperrfristerstreckungen mehr bei Krankheit des Arbeitnehmenden vor der eigentlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses (Artikel 336c Obligationenrecht), was sonst in der Praxis häufig vorkommt. Weiter muss er auch nicht mehr mit einer Anfechtung wegen missbräuchlicher Kündigung (Artikel 336 Obligationenrecht) rechnen, sondern kann auf die vertragsgemässe Beendigung des Vertrags durch die Aufhebungsvereinbarung vertrauen. Das Bundesgericht hat mehrfach bestätigt, dass Aufhebungsverträge auch während einer bereits bestehenden Sperrfrist gültig geschlossen werden können, also z.B. während Krankheit oder Schwangerschaft, sofern damit nicht die Umgehung des Kündigungsschutzes bezweckt werden soll. Weiter regelt der Aufhebungsvertrag regelmässig Lohn- und Ferienansprüche sowie eventuelle Ansprüche aus Überstunden oder Überzeit. Diese sind durch den gültigen Aufhebungsvertrag natürlich auch ein für alle Mal geregelt, was der Rechtssicherheit förderlich ist.
Für den Arbeitnehmenden: Durch den Aufhebungsvertrag kann er sein Arbeitsverhältnis vorzeitig, ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist auflösen und beispielsweise sogleich seine neue Traumstelle antreten. Möglicherweise bekommt er diese sogar nur dann, wenn er sofort verfügbar ist. Weiter lässt der Aufhebungsvertrag bei der Formulierung der Austrittsmodalitäten im Arbeitszeugnis mehr Spielraum als bei einer Kündigung. Last but not least, beinhaltet ein Aufhebungsvertrag meist auch eine Freistellung des Arbeitnehmenden bei vollem Lohn, was ebenfalls sehr attraktiv sein kann.
Hinzu kommt für beide Seiten der psychologische Aspekt, dass die Parteien mindestens formal auf Augenhöhe auseinandergehen und so niemand als der Geschasste dasteht.
Das Gesetz verlangt für den Aufhebungsvertrag keine bestimmte Form, sodass auch mündlich oder durch sogenanntes «konkludentes» Verhalten eine Aufhebungsvereinbarung abgeschlossen werden kann. Allerdings geben die Parteien mit einem Aufhebungsvertrag die mit dem Arbeitsvertrag angestrebte, auf Dauer angelegte Bindung und insbesondere der Arbeitnehmende verschiedene Schutzrechte auf. Die Gerichte fordern daher, dass die Willensäusserung zur einvernehmlichen Vertragsbeendigung absolut klar und eindeutig sein muss.
In der Praxis sollten Sie als Arbeitgeber (und genauso als Arbeitnehmender) einen Aufhebungsvertrag allein aus Beweisgründen immer schriftlich abschliessen.
Wie oben schon erwähnt, kann der Aufhebungsvertrag grundsätzlich jederzeit abgeschlossen werden. Also auch während «Unzeit» gemäss Artikel 336c oder 336d Obligationenrecht (z.B. während Krankheit, Schwangerschaft oder Militärdienst des Arbeitnehmenden). Entscheidend ist, dass keine der Parteien (praktisch vor allem der Arbeitnehmende) dabei übervorteilt wird. Für den Arbeitnehmenden sind dazu insbesondere die Unverzichtbarkeit auf zwingende Vorschriften des Gesetzes bzw. aus einem Gesamtarbeitsvertrag gemäss Artikel 341 Obligationenrecht zu beachten.
Der Abschluss eines Aufhebungsvertrags führt dazu, dass wesentliche arbeitsrechtliche Schutzbestimmungen (z.B. der Kündigungsschutz oder die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall) nicht mehr zur Anwendung kommen. Der Arbeitnehmer, der einen Aufhebungsvertrag unterschreibt, riskiert also, dass er Schutzbestimmungen, die das Gesetz zu seinen Gunsten aufstellt, nicht mehr einklagen kann.
So ist es verständlich, dass die Gerichte im Streitfall den Inhalt des Aufhebungsvertrags prüfen und auf eine Übervorteilung (vor allem des Arbeitnehmenden) hin beurteilen. Als Grundlage verwenden sie regelmässig das oben erwähnte Verzichtsverbot von Artikel 341 Obligationenrecht. Das Bundesgericht spricht in diesem Zusammenhang von gegenseitigen Zugeständnissen, die vorliegen müssen. D.h. faktisch, beide Parteien müssen sich als gleichwertige und gleichberechtigte Vertragsparteien begegnen. Stark verkürzt geht es darum, dass der Verlust des Arbeitnehmers z.B. auf Sperrfristenschutz oder Lohnfortzahlung im Krankheitsfall durch Gegenleistungen des Arbeitgebers im Aufhebungsvertrag angemessen abgegolten wird, etwa durch eine Zusatzzahlung.
Was das konkret bedeutet, d.h. in welchem Umfang der Arbeitgeber eine Gegenleistung erbringen muss, um dem Erfordernis ausreichender gegenseitiger Zugeständnisse zu genügen, lässt sich nur im Einzelfall beurteilen.
Eine Orientierungshilfe bietet die Faustregel, wonach der Aufhebungsvertrag dem Arbeitnehmenden mindestens den Gegenwert jener Ansprüche zukommen lassen muss, die ihm im Falle einer ordentlichen Arbeitgeberkündigung zugestanden hätten (also insbesondere der Lohn während der hypothetischen Kündigungsfrist).
Eine kurzfristige Vertragsaufhebung oder eine während einer bereits eingetretenen Sperrfrist ruft in der Regel nach einer höheren Gegenleistung als beispielsweise dann, wenn der Arbeitgeber z.B. wegen einer schweren Pflichtverletzung von sich aus fristlos kündigen könnte. Hier kann sogar eine sofortige Auflösung mittels Aufhebungsvertrag ohne Kompensationsleistung des Arbeitgebers rechtlich einwandfrei sein.
Die Gerichte eruieren im Streitfall regelmässig die individuellen Interessenslagen der Parteien und «preisen» diese in die getroffene Regelung mit ein.
Aufgrund der Vorteile eines arbeitsrechtlichen Aufhebungsvertrags kommt dieser in der Praxis häufig vor. So gibt es sogar Arbeitgeber, die prinzipiell nie kündigen, sondern jedes ihrer Arbeitsverhältnisse mit einem Mitarbeitenden auf diese Weise einvernehmlich beendigen.
Da der Aufhebungsvertrag jedoch – wie oben ausgeführt – teilweise massiv in die Schutzrechte der Arbeitnehmenden eingreift, ist Vorsicht geboten. Abgesehen davon, dass der Aufhebungsvertrag stets schriftlich erfolgen sollte (aber nicht muss!), ist eine vorgängige Prüfung durch einen Fachmann bzw. Rechtsanwalt daher empfohlen. Im Minimum sollten Sie sich an einem rechtlich geprüften Mustervertrag orientieren. Ein Beispiel dazu finden Sie hier beim WEKA-Verlag.
Praktisch sollte der Aufhebungsvertrag mindestens folgende Punkte regeln:
Zusammengefasst die wichtigsten Eckpunkte zum Aufhebungsvertrag:
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in der Rubrik Arbeitsrecht