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Flexible Arbeitszeitmodelle. Was erlaubt das Gesetz?

Simon Grenacher
Mittwoch, 14. Juli 2021

Auch wenn nach wie vor viele Arbeitnehmende in der Schweiz 9-to-5 arbeiten, in vielen Dienstleistungsberufen hat schon vor längerer Zeit eine Flexibilisierung der Arbeitszeiten eingesetzt. So hat die Praxis eine ganze Reihe an Arbeitszeitmodellen geschaffen, welche mehr oder minder fleissig auch genutzt werden.

Welche das sind, wodurch sie sich auszeichnen und wo ihr Vor- und Nachteile sind, beschreibe ich in einem nächsten Blogbeitrag. In diesem Beitrag konzentriere ich mich auf den gesetzlich erlaubte Rahmen für flexible Arbeitsmodelle.

Gesetzlicher Vorstoss für neue Arbeitszeitmodelle für Dienstleister

Bereits im Januar 2019 hatte ich über den rechtlichen Vorstoss «Neue Arbeitszeitmodelle für Dienstleister: Smarter statt länger arbeiten» berichtet. Dieser Vorstoss wollte vor allem drei Dinge:

  • Leitende Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Fachspezialistinnen und Fachspezialisten in vergleichbar autonomer Stellung, die in Dienstleistungsunternehmen tätig sind und ausdrücklich damit einverstanden sind, sollen von einer Reihe von zwingenden Vorschriften zur Regelung der Arbeits- und Ruhezeiten entbunden werden können.
  • Durch bundesrätliche Verordnung sollen bestimmte Branchen oder Gruppen von Unternehmen oder Arbeitnehmern von der Einhaltung einer wöchentlichen Höchstarbeitszeit befreit werden können. Voraussetzung dafür soll sein, dass die Arbeitnehmer einem Jahresarbeitszeitmodell unterstellt sind und im Jahresdurchschnitt nicht mehr als 45 Stunden pro Woche arbeiten.
  • Für erwachsene Arbeitnehmer soll die Ruhezeit einmal in der Woche von elf auf acht Stunden herabgesetzt werden können. Unterstehen die Arbeitnehmer einem Jahresarbeitszeitmodell, so soll die Ruhezeit sogar mehr als einmal die Woche auf acht Stunden herabgesetzt werden können.

Im Februar des letzten Jahres wurde der oben beschriebene Vorstoss für eine Arbeitszeitflexibilisierung aber mangels Rückhalt im Parlament wieder beerdigt. Mit dem Ergebnis, dass weiterhin das Arbeitsgesetz (ArbG) von 1964 das Mass aller Dinge bleibt und in dieser Funktion unverändert die Leitplanken für alle Arbeitszeitmodelle setzt.


Die Praxis schreit nach flexiblen Lösungen

In Zeiten des Fachkräftemangels – ganz speziell in vielen Dienstleistungsbranchen – wünschen sich viele Arbeitnehmende deutlich mehr Flexibilität bei der Ausgestaltung ihrer Arbeitszeit. Ihnen geht es um eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie, von Beruf und Freizeit und auch darum, mehr Autonomie bei der Ausgestaltung der eigenen Arbeitszeit zu bekommen. Das hat viel auch mit persönlicher Freiheit zu tun.

Nachdem gut ausgebildete Fachkräfte nun oftmals am längeren Hebel sitzen, stehen auch die Unternehmen punkto Arbeitszeitgestaltung unter Druck. Was dazu geführt hat, dass ein bunter Strauss an flexiblen Arbeitsmodellen entstanden ist. Sie sind oftmals ein gewichtiges Argument im «War of Talents» und für viele Arbeitnehmende ähnlich wichtig, wie ein gutes Gehalt und gute Sozialleistungen. So verlieren z.B. Unternehmen ohne Gleitzeit schnell und massiv an Wettbewerbsfähigkeit auf dem Arbeitsmarkt. Die Praxis schreit also richtiggehend nach Flexibilisierung.

Doch, was sagt das Schweizer Arbeitsrecht dazu?

Starre Regelung im Schweizer Arbeitsrecht

Arbeitnehmende schliessen mit ihrem Arbeitgeber einen Arbeitsvertrag nach Artikel 319 ff. Obligationenrecht. In Sachen Gesundheitsschutz, Arbeitszeiten und Ruhezeiten gilt für die meisten zusätzlich das Arbeitsgesetz (ArbG). Der überwiegende Teil dieser Arbeitsrechtsregeln ist zwingender Natur, d.h. die Parteien sind fest daran gebunden und dürfen die Regeln auch dann nicht ändern, wenn beide damit einverstanden sind.

Weiter kommt der Umstand dazu, dass sich viele Arbeitgeber (und auch einige Arbeitnehmende) über die Natur eines Arbeitsvertrags nicht richtig im Klaren sind:

Ein Arbeitsvertrag ist eine Vereinbarung zwischen einem Arbeitgeber und einem Arbeitnehmenden, wonach sich der Arbeitnehmende auf Leistung von Arbeit nach Zeit und der Arbeitgeber auf die Bezahlung eines Lohnes nach Zeit verpflichtet.

Das bedeutet effektiv, dass der Einsatz von Arbeitszeit vergütet wird und nicht etwa die Erbringung einer konkreten Leistung oder eines Ergebnisses. Oder einfach ausgedrückt: Der Arbeitnehmende «verkauft sich auf Zeit» und wird auch exakt dafür – und für nichts anderes – bezahlt. Diese Klarstellung zeigt unmissverständlich, dass eben der Faktor Zeit im Arbeitsrecht die tragende Rolle spielt.

Und genau deswegen – und als Reaktion auf ausbeuterische Zustände in den Anfangszeiten der Industrialisierung – hat der Gesetzgeber das Arbeitsgesetz geschaffen, welches zur Hauptsache im Sinne eines Gesundheitsschutzes die Arbeitszeiten regelt.

Arbeitsgesetz ist zwingender Natur

Das Arbeitsgesetz (ArbG) ist zwingendes Recht. Daran müssen sich also alle Arbeitgeber und alle Arbeitnehmer halten. Sie dürfen auch dann nicht davon abweichen, wenn sie im guten Einvernehmen eine andere Lösung bevorzugen würden.

Zu diesen zwingenden Vorschriften gehören vor allem folgende Regelungen zur Arbeitszeit:

  • Gesetzliche Höchstarbeitszeit: Sie beträgt 45 bzw. 50 Stunden pro Woche (Artikel 9 ArbG). Eine Vereinbarung, wonach also ein Arbeitnehmender 60 Stunden pro Woche arbeiten müsste (auch wenn er damit einverstanden und richtig viel Geld verdienen würde), wäre illegal. Ein Richter würde sie auf 50 bzw. 45 Stunden kürzen. Die darüber hinaus gehende Arbeitszeit wäre dann Überzeit, die zusätzlich abgegolten werden müsste (Artikel 13 ArbG).
  • Ruhezeiten: Artikel 15 ff. ArbG enthält eine Reihe von Ruhezeitregeln. Auch die Ruhezeiten dürfen nicht gekürzt werden – auch nicht vom Mitarbeitenden selbst.
  • Nachtarbeit: Artikel 16 ArbG bestimmt ein grundsätzliches Verbot der Nachtarbeit. Auch wenn es davon zahlreiche Ausnahmen gibt, diese müssen bewilligt werden und sie dürfen nicht die Regel sein.
  • Sonntagsarbeit: Artikel 18 ArbG bestimmt ein grundsätzliches Verbot der Sonntagsarbeit. Als Sonntage gelten auch gesetzliche Feiertage, welche nicht auf einen Sonntag fallen. Auch wenn es hiervon zahlreiche Ausnahmen gibt, diese müssen ebenfalls bewilligt werden und sie dürfen nicht die Regel sein.
  • Schichtarbeit: Artikel 24 ff. ArbG stellt Regeln für die Schichtarbeit auf. Auch sie darf zeitlich nicht beliebig festgelegt werden, sondern unterliegt strengen Regelungen.

Wieviel Flexibilität erlaubt das Gesetz?

Lange Rede kurzer Sinn heisst das nun folgendes:

Flexible Arbeitszeitmodelle sind nur dann legal, wenn sie sich an alle Vorschriften des Arbeitsgesetzes und an die zwingenden Vorschriften des Arbeitsvertragsrechts im Obligationenrecht halten.

Gesetzliche Vorschriften gibt es nur für zwei Arbeitszeitmodellvarianten. Für die Schichtarbeit in Artikel 24 ff. ArbG und für den Pikettdienst in 14 und 15 der Verordnung 1 zum Arbeitsgesetz.

Alle anderen Arbeitszeitmodelle sind gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt. Sie leiten sich aus der Praxis ab und müssen sich – wie ich oben feststellte – an das Gesetz halten.

Nachdem also die Arbeitszeitregelungen im Gesetz nicht einfach ausser Kraft gesetzt werden dürfen, spielt natürlich die Arbeitszeiterfassung immer eine ganz entscheidende Rolle. Ganz speziell auch dann, wenn eben flexibler gearbeitet wird und nicht stur 9-to-5. Da wird eine gute und professionelle Zeiterfassung (mit Hilfe einer dafür gemachten Software wie proles) sogar unerlässlich sein, da die effektiv erbrachte Arbeitszeit sonst gar nicht nachgewiesen werden kann.

In einem nächsten Blogbeitrag bespreche ich die flexiblen Arbeitszeitmodelle, die die Praxis heute kennt. Dabei gehe ich auch kurz auf den rechtlichen Aspekt des Modells ein und zeige deren Vor- und Nachteile.

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