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Wie muss ein Arbeitsvertrag rechtsgültig gekündigt werden?

Simon Grenacher
Montag, 30. Mai 2022

Das schweizerische Arbeitsrecht kennt zwei Formen der Kündigung: Die ordentliche Kündigung als Regelfall und die ausserordentliche (fristlose) Kündigung als Ausnahmefall.

In meinem Blogbeitrag «Fristlose Kündigung. 11 Fragen, deren Antworten Sie kennen sollten» habe ich die ausserordentliche Kündigung bereits ausführlich behandelt und mit einigen dazu gehörigen Missverständnissen aufgeräumt. Auf sie gehe ich daher nicht mehr weiter ein.

In der Folge beschäftige ich mich mit den gefühlten 99.99 Prozent der Kündigungen in der Schweiz, die im ganz normalen Rahmen tagtäglich sowohl von Arbeitnehmenden wie auch von den Firmen «ordentlich» ausgesprochen werden. Was ist bei diesen Kündigungen, für Arbeitgeber und für Arbeitnehmer, zu beachten, damit sie rechtsgültig sind?

Befristete Arbeitsverträge müssen nicht gekündigt werden

Erstmal gilt es zu unterscheiden zwischen unbefristeten und befristeten Arbeitsverträgen. Ein befristeter Arbeitsvertrag wird bis zu einem genau definierten Zeitpunkt geschlossen, z.B. bis zum 30. September 2022. Danach «löst» er sich von selbst auf und muss daher auch nicht mehr aktiv gekündigt werden. Wohingegen ein unbefristeter Arbeitsvertrag zwar mit einem klaren Anfangstermin aber ohne Endtermin geschlossen wird. Er muss zu seiner Auflösung gekündigt werden. Die grosse Mehrzahl der Arbeitsverträge in der Schweiz ist unbefristeter Natur.

Was gilt es also zu beachten, soll ein unbefristeter Arbeitsvertrag rechtsgültig gekündigt werden?

Kündigungsfreiheit im Schweizer Arbeitsrecht

In der Schweiz gilt – im Gegensatz zu vielen anderen Industriestaaten in Europa – im Arbeitsrecht die Kündigungsfreiheit. Sie besagt, dass sowohl der Arbeitnehmende wie auch seine Firma grundsätzlich jederzeit und ohne Einschränkungen den Arbeitsvertrag rechtlich bindend durch Kündigung auflösen können.

Der Gesetzgeber und die Gerichte in der Schweiz leiten die Kündigungsfreiheit aus der allgemeinen Vertragsfreiheit unter Privaten ab und sagen: Wer jederzeit die Freiheit hat, einen privatrechtlichen Vertrag (wie eben einen Arbeitsvertrag) abzuschliessen, sollte auch das gegenteilige Recht haben, einen solchen jederzeit wieder aufzulösen. So weit, so gut. Denn, auch wenn aktuell in vielen Branchen ein akuter Fachkräftemangel herrscht, im Prinzip sind Arbeitnehmende eher am kürzeren Hebel und oftmals von ihren Arbeitgebern und deren Lohnzahlung abhängig.

Daher gilt die Kündigungsfreiheit nicht absolut, sondern ist einer ganzen Reihe von Einschränkungen unterworfen.

Kündigungstermin und Kündigungsfristen

Kündigungstermin: Die Kündigung darf zwar zu jedem beliebigen Zeitpunkt (Ausnahme: Kündigung zu Unzeit) ausgesprochen werden, sie wird aber erst auf das Ende eines Monats (Artikel 335c Absatz 1 Obligationenrecht) gültig.

Kündigungsfristen: Von Zeitpunkt der Kündigung bis zur effektiven Beendigung des Arbeitsverhältnisses muss immer erst eine gewisse Zeit verstreichen, die sogenannte Kündigungsfrist. Je länger das Arbeitsverhältnis gedauert hat, desto länger ist auch die Kündigungsfrist. Die Fristen sind gesetzlich geregelt (Artikel 335a ff. Obligationenrecht) und müssen in aller Regel für Arbeitnehmende und Arbeitgeber gleich lang sein.

Empfangsbedürftigkeit: Eine Kündigung ist eine «einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung». Das heisst einerseits, dass über die Kündigung keine Einigkeit zwischen den Parteien bestehen muss – sie kann einfach von einer Partei erklärt werden, auch wenn die andere Partei damit nicht einverstanden ist, andererseits muss sie beim Empfänger angekommen und von ihm zur Kenntnis genommen worden sein. Daher empfiehlt es sich auch, eine Kündigung per Post eingeschrieben und rechtzeitig zu versenden oder ein Kündigung, die persönlich und mündlich erklärt wurde, schriftlich bestätigen zu lassen.

Formlose Kündigung ohne Angabe von Gründen

Formlose Kündigung: Mit zur Kündigungsfreiheit gehört, dass in der Schweiz ein Arbeitsvertrag auch bloss mündlich oder sonst in irgendeiner schriftlichen Form gekündigt werden kann. Die Kündigung muss somit weder in Briefform noch eingeschrieben erfolgen. Praktisch heisst dies also, dass auch über SMS, Whatsapp, eMail oder andere Messengerdienste gültig gekündigt werden kann, ebenso wie nur rein mündlich. Aus Beweisgründen empfiehlt sich aber in jedem Fall, die Kündigung so mitzuteilen, dass sie im Streitfall mit ihrem Empfangsdatum zusammen belegt werden kann.

Begründung der Kündigung: Eine Kündigung muss im Prinzip auch nicht begründet werden! Nur wenn die andere Partei dies verlangt, muss die Kündigung schriftlich begründet werden (Artikel 335 Absatz 2 Obligationenrecht). Die Begründung sollte innert einer Frist von max. 1-2 Wochen erfolgen. Vom Arbeitnehmenden wird in der Praxis selten eine schriftliche Begründung verlangt. Sie wären für ihn auch problemlos. Etwas anders sieht es für den Arbeitgeber aus. Dieser wird oft dazu angehalten, seine Kündigung auch schriftlich darzulegen. Die Erklärung der Kündigungsgründe behindert zwar die Gültigkeit der Kündigung nicht, kann aber mit der Verbot der Missbräuchlichkeit einer Kündigung (siehe unten) kollidieren. Arbeitgeber, die eine Kündigung schriftlich begründen (müssen), sollten daher darauf achten, dass aus der Begründung keine Missbrauchsgründe gemäss Artikel 336 ff. Obligationenrecht abgeleitet werden können. Im Zweifelsfall empfiehlt es sich, die Kündigungsbegründung durch eine Fachperson überprüfen zu lassen.

Missbräuchliche Kündigung

Das Gesetz kennt in Artikel 336 ff. Obligationenrecht die missbräuchliche Kündigung. Eine ausgesprochene missbräuchliche Kündigung ist zwar rechtsgültig, berechtigt aber die gekündigte Partei, von der kündigenden Partei eine Entschädigung von maximal 6 Monatslöhnen zu verlangen.

Was missbräuchlich ist, definiert das Gesetz abschliessend. Missbräuchlich ist eine Kündigung einer Partei namentlich in den folgenden Fällen:

  • Kündigung wegen einer Eigenschaft, die der anderen Person kraft ihrer Persönlichkeit zusteht: Diskriminierungsverbot - würde beispielsweise ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmenden kündigen, weil dieser eine Geschlechtsumwandlung hat vornehmen lassen oder, weil er zum Islam konvertiert ist.
  • Kündigung einer Partei, die ein verfassungsmässiges Recht ausübt: Würde beispielsweise ein Arbeitnehmender an einer politischen Demonstration teilnehmen, deren Ziel der Arbeitgeber nicht befürwortet.
  • Kündigung einer Partei, ausschliesslich um die Entstehung von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis zu vereiteln: Wurde im Arbeitsvertrag beispielsweise vereinbart, dass der Arbeitnehmende nach 10 Dienstjahren ein Dienstaltersgeschenk erhält und der Arbeitgeber ihm nach 9 1/2 Jahren kündigt, damit dieses Geschenk nicht ausgerichtet werden muss.
  • Kündigung, weil eine Partei nach Treu und Glauben Ansprüche aus dem Arbeitsvertrag geltend macht: Verlangt beispielsweise ein Arbeitnehmender die Entschädigung von seiner Ansicht nach gültig erbrachten Überstunden und/oder Überzeit und der Arbeitgeber kündigt deswegen (sog. «Rachekündigung»).
  • Kündigung, weil eine Partei obligatorischen Militärdienst oder Zivildienst leistet: Kündigt beispielsweise ein Arbeitgeber einem jungen Arbeitnehmenden, der sich zur Leistung der Offiziersschule verpflichtet hat - auch wenn vorgängig mit dem Arbeitgeber abgesprochen wurde, dass er dies nicht beabsichtigt.

Auch wenn alle oben aufgeführten Fälle missbräuchlicher Kündigung zum überwiegenden Teil auf eine Kündigung des Arbeitnehmenden durch den Arbeitgeber gemünzt sind, sie gelten auch im umgekehrten Fall.

Kündigung zu Unzeit

Die letzte Hürde auf dem Weg zu einer rechtsgültigen Kündigung ist die Kenntnis der Zeitpunkte, während denen nicht gekündigt werden darf. Das Gesetz nennt dies in Artikel 336c Obligationenrecht «Kündigung zu Unzeit».

Der Arbeitgeber darf den Arbeitnehmenden nicht kündigen:

  • während obligatorischem Militär- oder Zivildienst.
  • während unverschuldeter Krankheit oder Unfall.
  • während der Schwangerschaft und in den 16 Wochen nach der Geburt.
  • während einer angeordneten Dienstleistung für eine Hilfsaktion im Ausland.

Der Arbeitnehmende seinerseits darf seine Stelle nicht kündigen:

  • während er den momentan abwesenden Arbeitgeber in seinen Funktionen vertreten muss. Beispielsweise wenn der Chef selbst im Militär weilt und der Arbeitnehmende in dieser Zeit die Stellvertretung innehat.

Eine Kündigung zu Unzeit ist ungültig! Sie muss nochmals ausgesprochen werden, sobald die Unzeit vorbei ist.

Wurde die Kündigung vor dem Eintreten der Unzeit (also, beispielsweise 2 Tage bevor ein Arbeitnehmender unverschuldet krank wurde) ausgesprochen, so ist sie zwar gültig und muss nicht nochmals erklärt werden, die Kündigungsfrist wird aber durch den Umstand der Unzeit unterbrochen. Im Krankheitsfall von oben hiesse das, dass die Kündigungsfrist um die Zeitdauer der Krankschreibung verlängert wird.

Korrektes Kündigungsschreiben

Da – wie oben ausgeführt – eine Kündigung grundsätzlich nicht begründet oder erklärt werden muss, kann das Kündigungsschreiben kurz und knapp formuliert werden. Eine übliche Formulierung ist:

•••••

Sehr geehrter Arbeitnehmer / Arbeitgeber

Hiermit kündige ich meinen / unseren Arbeitsvertrag vom … (hier setzen Sie das Ausstellungsdatum des Arbeitsvertrages ein) unter Berücksichtigung der geltenden Kündigungsfristen von X Wochen auf … (Kündigungstermin: hier setzen Sie das Ende des Monats ein, auf welchen der Vertrag gekündigt werden soll).

Besten Dank für Ihre Kenntnisnahme und freundliche Grüsse

•••••

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