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Ist unser Unternehmen zeiterfassungspflichtig?

Simon Grenacher
Mittwoch, 10. August 2022

Gleich vorweg: Das Arbeitsgesetz verlangt in Artikel 46 in Verbindung mit Artikel 73 der Verordnung 1 zum Arbeitsgesetz, dass grundsätzlich alle Unternehmen in der Schweiz die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeitenden lückenlos protokollieren müssen. «Lückenlos» heisst, dass Anfang und Ende der Arbeit, die Lage und Dauer der Pausen von mehr als einer halben Stunde und Ruhe- und Ersatzruhetage erfasst werden müssen.

Vor dem 1. Januar 2016 gab es nur die Regel «zeiterfassungspflichtig: Ja oder Nein». Seither existieren von der systematischen Arbeitszeiterfassung als Standardregel Ausnahmen und Einschränkungen, die Sie unbedingt kennen sollten.

Zuerst aber. Für wen gilt die Pflicht zur Erfassung der Arbeitszeiten nicht?

Keine Zeiterfassungspflicht für «höhere leitende Angestellte»

Das Bundesgesetz über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel (das sogenannte Arbeitsgesetz ArbG) ist nicht auf Arbeitnehmende anwendbar, die eine höhere leitende Tätigkeit ausüben (Artikel 3 lit. d ArbG).

Da die Arbeitszeiterfassung eine gesetzliche Pflicht ist, welche vom Arbeitsgesetz verlangt wird, gilt sie somit auch nicht für höhere leitende Angestellte. Sie sind also davon befreit.

In meinem Blogbeitrag «Kann mit der Ernennung zum «höheren leitenden Angestellten» die Pflicht zur Zeiterfassung umgangen werden?» bin ich auf diese Thematik näher eingegangen.

Vereinfachte Zeiterfassung

Die vereinfachte Zeiterfassung ist in Artikel 73b der Verordnung 1 zum Arbeitsgesetz geregelt.

«Vereinfacht» heisst, dass nur noch die Gesamtdauer der täglich geleisteten Arbeitszeit protokolliert werden muss. Anfang, Ende und Pausen müssen nicht erfasst werden. Damit lässt sich ein Arbeitstag in der Praxis mit einer einzigen Zahl, z.B. 9.25 Stunden, festhalten. Das macht die Zeiterfassung deutlich einfacher.

Die vereinfachte Zeiterfassung darf nur für Arbeitnehmende eingeführt werden, welche ihre Arbeitszeit zu einem namhaften Teil (mindestens zu 25%) selbst festsetzen können. Bei Aussendienstmitarbeitenden wird dies beispielsweise in der Regel der Fall sein.

Die vereinfachte Arbeitszeiterfassung kann (in Unternehmen mit weniger als 50 Angestellten) individuell vereinbart werden. Bei grösseren Unternehmen muss die Mehrheit der Arbeitnehmenden bzw. deren Arbeitnehmervertretung zustimmen. Ein Gesamtarbeitsvertrag (GAV) ist hierzu nicht notwendig.

Verzicht auf Zeiterfassung

Die Verzicht auf eine Zeiterfassung ist in Artikel 73a der Verordnung 1 zum Arbeitsgesetz geregelt.

«Verzicht» heisst, dass Arbeitnehmende (und damit auch ihre Unternehmen) ganz auf die Arbeitszeiterfassung verzichten, obwohl sie grundsätzlich der Zeiterfassungspflicht unterstehen.

Es dürfen nur Arbeitnehmende verzichten, welche bei ihrer Arbeit über eine grosse Autonomie verfügen und ihre Arbeitszeit mehrheitlich selbst festsetzen können (mindestens zu 50%). Zusätzlich müssen sie ein Bruttojahresgehalt inkl. Boni von mehr als 120'000 Franken verdienen.

Für einen gültigen Verzicht braucht es einen Gesamtarbeitsvertrag (GAV) zwischen dem Arbeitgeber und einer repräsentativen Arbeitnehmerorganisation. Weiter muss das Unternehmen den anwendbaren GAV vorhalten, ein Verzeichnis mit den Lohnangaben aller verzichtenden Arbeitnehmenden unterhalten und für jeden Verzichtenden seine individuelle, schriftliche Verzichtserklärung im Personaldossier speichern.

Was heisst das nun für unser Unternehmen?

Gut möglich, dass Sie in Ihrem Unternehmen alle vier oben genannten Fälle haben:

  1. Nämlich höhere leitende Angestellte (Geschäftsführer und Bereichsleiter), die gar nicht zeiterfassungspflichtig sind, weil auf sie auch das Arbeitsgesetz nicht anwendbar ist;
  2. Arbeitnehmende, welche einen namhaften Teil ihrer Arbeitszeit selbst festsetzen können und somit einer vereinfachten Zeiterfassung unterstellt werden können;
  3. Arbeitnehmende, welche bei ihrer Arbeit über eine grosse Autonomie verfügen und gleichzeitig mehr als 120'000 Franken pro Jahr verdienen und somit ganz auf eine Zeiterfassung verzichten können;
  4. und – last but not least – Mitarbeitende, auf welche keine der Ausnahmen zutreffen. Sie unterstehen ohne Wenn und Aber der systematischen Zeiterfassungspflicht.

Die Frage der Pflicht zur Arbeitszeiterfassung hängt also weniger mit Ihrem Unternehmen zusammen als mit Ihren Mitarbeitenden. Diese entscheiden ob und in welcher Form die Zeiterfassung in Ihrem Unternehmen betrieben werden muss.

Selbstverständlich – und das ist auch meine Empfehlung – dürfen Sie in Ihrer Firma eine allgemeine Pflicht zur Erfassung aller Arbeitszeiten einführen. Und zwar für alle Mitarbeitenden, egal ob leitend, mit grosser Zeitautonomie oder ganz «normale» Angestellte.

Mit einer lückenlosen Zeiterfassung gewinnen Sie nämlich eine ganze Reihe von Vorteilen und Einblicken in Ihr Geschäft und steuern Ihr Unternehmen deutlich effizienter und effektiver. Lesen Sie dazu auch meinen Blogbeitrag «Rentabilität und Zeiterfassung für Dienstleister» der die schlagenden Vorteile einer Vollzeiterfassung aufzeigt.

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