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Überstunden und Überzeit

Ratgeber Arbeitsrecht

Inhalt

Einführung

Regelmässig müssen sich Gerichte mit strittigen Forderungen nach Überstundenentschädigungen von ausgetretenen Arbeitnehmenden beschäftigen. Dabei geht es oft nicht nur um die Frage nach erbrachten Überstunden, regelmässig wird auch die finanzielle Abgeltung von Überzeit verlangt.

Das wäre nicht nötig. Wenn Sie als Arbeitgeber die folgenden Ausführungen kennen und in Ihrem Unternehmen umsetzen, dann sind Sie vor solchen, für beide Seiten unerfreulichen, Auseinandersetzungen gefeit.

Was sind Überstunden?

Überstunden sind Arbeitsstunden, welche die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit übersteigen (Artikel 321c Obligationenrecht).

Gelten in Ihrem Unternehmen also beispielsweise 40 Stunden pro Woche bei 100% Pensum als vertragliche Arbeitszeit, so zählen die Stunden über 40 bis zur Überzeitgrenze von 45 Stunden (also max. 5 Stunden) als Überstunden.

Als Massstab gilt somit die von den Parteien (also Arbeitnehmer und Arbeitgeber) im Arbeitsvertrag festlegte Soll-Arbeitszeit.

Was ist Überzeit?

Überzeit sind Arbeitsstunden, welche die gesetzliche Höchstarbeitszeit

  • von 45 Stunden (für Arbeitnehmer in industriellen Betrieben sowie für Büropersonal, technische und andere Angestellte, einschliesslich des Verkaufspersonals in Grossbetrieben des Detailhandels)
  • bzw. von 50 Stunden (für alle übrigen Arbeitnehmer)

pro Woche übersteigen.

Als Massstab gilt somit die vom Arbeitsgesetz in Artikel 9 festgelegte Höchstarbeitszeit.

Was ist der Unterschied zwischen Überstunden und Überzeit?

Überstunden sind Arbeitsstunden, welche die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit übersteigen. Wohingegen Überzeit diejenige Arbeitszeit ist, welche die gesetzliche Höchstarbeitszeit von 45 bzw. 50 Arbeitsstunden pro Woche übersteigt.

Überstunden – und indirekt damit auch Überzeit – sind immer dann notwendig, wenn sie vom Arbeitgeber angeordnet werden. Sind die Überstunden angeordnet, so ist der Arbeitnehmende gemäss Art. 321c Abs. 1 Obligationenrecht zu ihrer Leistung verpflichtet, wenn einige Voraussetzungen gleichzeitig erfüllt sind.

Für die Abgeltung von Überstunden gilt folgendes:

  • Überstundenzuschlag und Kompensation durch Freizeit können vertraglich ganz oder teilweise ausgeschlossen werden. Ansonsten beträgt der Lohnzuschlag für Überstunden 25 Prozent.
  • Die Kompensation von Überstunden durch Freizeit darf nicht einseitig vom Arbeitgeber angeordnet werden. Der Arbeitnehmenden muss damit einverstanden sein.

Für die Abgeltung von Überzeit gilt folgendes:

  • Gemäss Arbeitsgesetz Artikel 13 muss die Überzeit zwingend mit einem Lohnzuschlag von 25 Prozent vergütet oder – wenn der Arbeitnehmende damit einverstanden ist – durch Freizeit von mindestens gleicher Dauer kompensiert werden. Eine Wegbedingung der Entschädigung für erbrachte Überzeit (mit Zuschlag) oder Kompensation im Arbeitsvertrag wäre gegen das Arbeitsgesetz und somit ungültig. Auch, wenn der Arbeitnehmende selbst damit einverstanden ist.

Da die Leistung von Überzeit – im Gegensatz zu den Überstunden – meist die Ausnahme bleibt, kann eine Regelung der Überzeit im Arbeitsvertrag vernachlässigt werden. Zumal dort kaum Spielraum für vertragliche Abweichungen vorhanden ist.

Spielraum zur Regelung von Überstunden ist gross

Das Gesetz lässt Arbeitgeber und Arbeitnehmer grundsätzlich einen grossen Spielraum zur vertraglichen Ausgestaltung von Überstunden und ihrer Entschädigung. Die Vertragsbestimmungen müssen jedoch gesetzeskonform, klar und verständlich sein. Sind sie das nicht, tritt automatisch das Gesetz an ihre Stelle.

In der Praxis finden sich oft in Arbeitsverträgen Überstundenregelungen, die unklar sind und folglich nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses regelmässig zu Streitigkeiten führen. In der Folge beleuchten wir die Themen «Überstunden» und «Überzeit» und schliessen unseren Beitrag alsdann mit konkreten Tipps, wie Sie die Arbeitsverträge in Ihrem Unternehmen «sicherer» machen können.

Die gesetzliche Regelung der Überstunden

Voraussetzungen für die Leistung von Überstunden

Arbeitnehmende haben normalerweise nur das vertraglich vereinbarte Arbeitspensum (wir nennen dies meist Soll-Arbeitszeit) zu verrichten. Ausnahmsweise müssen sie Überstunden leisten, nämlich wenn folgende vier Voraussetzungen gleichzeitig erfüllt sind (Art. 321c Abs. 1 Obligationenrecht):

  1. Die Leistung von Überstundenarbeit muss betrieblich notwendig sein. Ob dies der Fall ist, wird in der Regel vom «Chef» bestimmt.
  2. Der Mitarbeitende ist zur Leistung von Überstunden verpflichtet, «als er sie zu leisten vermag» (Artikel 321c Absatz 1 Obligationenrecht). Auf einen Mitarbeitenden, der völlig am Anschlag ist und kurz vor einem Burnout steht, wird diese Voraussetzung wohl nicht zutreffen. Auf die meisten anderen eher schon.
  3. Dem Mitarbeitenden muss die Leistung von Überstundenarbeit «nach Treu und Glauben zugemutet werden» können. Würde also beispielsweise ein Ingenieurbüro auf den Einsatz von Computer und CAD – und damit auf den Einsatz heute üblicher technischer Hilfsmittel – verzichten, so dass alles von Hand mit wesentlich längerem Arbeitsaufwand gezeichnet werden muss, so wäre ein Bauzeichner nach Treu und Glauben deswegen nicht zur Überstundenarbeit verpflichtet.
  4. Die Bestimmungen des Arbeitsgesetzes über die Arbeits- und Ruhezeiten müssen eingehalten werden.

Hat der Arbeitnehmende Überstunden geleistet und will er dafür entschädigt werden (mit Lohnzuschlag oder Freizeit), so muss er beweisen, dass die Überstundenarbeit vom Arbeitgeber angeordnet wurde.

Die «Anordnung» muss in der Regel ausdrücklich erfolgen. In Ausnahmen kann sie aber auch stillschweigend geschehen. Wenn z.B. ein Supportmitarbeiter eine dringende Kundenanfrage fertig löst, obwohl er dazu Überstundenarbeit leisten muss, so gilt diese Mehrarbeitszeit als indirekt angeordnet. Dies, weil der Arbeitgeber – wenn er davon gewusst hätte – die Anordnung mit grosser Sicherheit auch selbst so erteilt hätte.

Vergütung von Überstunden

Gemäss Artikel 321c Absatz 3 Obligationenrecht müssen Überstunden grundsätzlich mit einem Zuschlag von 25% auf den normalen Lohn abgegolten werden. Davon gibt es aber folgende Ausnahmen:

  • Vor einer Kompensation in Geld sieht das Gesetz einen Ausgleich in Freizeit von mindestens gleicher Dauer vor (Artikel 321c Absatz 2 OR). Der Lohnzuschlag ist somit nur dann geschuldet, wenn kein Ausgleich in Freizeit stattfinden kann.
  • Eine Kompensation von Überstunden (egal, ob in Freizeit oder in Geld) darf vertraglich auch ausgeschlossen werden (Artikel 321c Absatz 3 OR). D.h. der Arbeitnehmende kann im Arbeitsvertrag gültig darauf verzichten. Dann schuldet der Arbeitgeber weder Freizeit noch einen Lohnzuschlag.

Überstunden müssen auch dann bezahlt werden, wenn sich der gewünschte Erfolg nicht einstellt:

  • Stellt sich der gewünschte oder geplante Arbeitserfolg durch den Einsatz von Überstunden nicht ein, so ist der Arbeitgeber trotzdem zur Kompensation der Überstundenarbeit verpflichtet.
  • Das liegt ganz klar in der Natur des Arbeitsvertragsrechts. So schuldet der Arbeitnehmende kein Arbeitsresultat, sondern «nur» den Einsatz seiner Arbeitskraft im Rahmen der vertraglich zugesicherten Arbeitszeit (Artikel 319 Absatz 1 Obligationenrecht).
  • Ergo heisst das. Erbringt der Arbeitnehmende nicht die gewünschte Leistung und die gewünschten Ergebnisse, so darf ihm weder der Lohn gekürzt noch eine Überstundenkompensation verwehrt werden. Im worst case hat der Arbeitgeber nur die Möglichkeit, sich durch Kündigung vom leistungsschwachen Mitarbeitenden zu trennen. Das Risiko ungenügender Arbeitsergebnisse trägt der Arbeitgeber aber allein zu 100%.

Überstunden «verfallen» grundsätzlich nicht

D.h., wurden sie ordnungsgemäss geleistet, so besteht der Anspruch auf Ausgleich (in Freizeit bzw. in Lohnzuschlag) ohne zeitliche Einschränkung.

Allerdings gilt auch:

  • Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis (und das sind auch Ansprüche auf Kompensation von Überstundenarbeit) verjähren nach 5 Jahren (Artikel 128 Absatz 3 Obligationenrecht). Bezahlt jedoch ein Arbeitgeber freiwillig einen Lohnzuschlag für Überstunden, die älter als 5 Jahre waren, so kann er die Zahlung nicht zurückfordern. Sie wurde rechtsgültig gleistet, da Ansprüche auf Überstunden nicht verfallen, sondern bloss verjähren.
  • Verlässt ein Mitarbeitender seine Firma und «vergisst» die Einforderung seiner aufgelaufenen Überstunden, so wird davon ausgegangen, dass er darauf verzichtet – was erlaubt ist.

Zusammengefasst: Überstundenansprüche verfallen nicht, ihre Forderung verjährt aber nach 5 Jahren. Beim Austritt aus der Firma darf der Mitarbeitende gültig auf Überstunden verzichten.

Überstunden müssen auch in einer Teilzeitstelle geleistet werden

Auf die Teilzeitarbeit sind die gleichen arbeitsrechtlichen Regeln anzuwenden, wie auf die Vollzeitarbeit auch (Artikel 319ff. Obligationenrecht).

Somit gilt auch Artikel 321c Obligationenrecht, welcher den Arbeitnehmenden dann zur Überstundenarbeit verpflichtet, wenn sie betrieblich notwendig ist, wenn sie der Arbeitnehmende sie zu leisten vermag und, wenn sie ihm nach Treu und Glauben zugemutet werden kann.

Oft haben sie jedoch noch weitere Verpflichtungen, vor allem aus einem anderen Teilzeitarbeitsverhältnis, was ihre Pflicht praktisch beschränkt. In diesem Sinne vermögen sie die gewünschten Überstunden nicht zu leisten, was sie gemäss Artikel 231c Absatz 1 Obligationenrecht davon befreit.

Überstundenregelung im Arbeitsvertrag

Überstundenzuschlag und Kompensation durch Freizeit können vertraglich ganz oder teilweise ausgeschlossen werden: So kann im Arbeitsvertrag definiert werden, dass allfällige Überstunden bereits mit dem monatlichen Lohn abgegolten werden oder, dass Überstunden erst ab einer bestimmten Anzahl ausbezahlt werden.

Die Kompensation von Überstunden durch Freizeit darf nicht einseitig vom Arbeitgeber verordnet werden: Als Arbeitgeber dürfen Sie die Kompensation durch Freizeit nicht einseitig diktieren. Selbst dann nicht, wenn Sie Ihren Mitarbeitenden freigestellt haben (und ihm während seiner Freistellungszeit den Lohn bezahlen). Möchten Sie daher unbedingt, dass Ihre Mitarbeitenden die Überstunden durch Freizeit kompensieren, so sollten Sie dazu eine entsprechende Regel im Arbeitsvertrag aufnehmen. Soll die kompensierte Freizeit ausserdem länger als die aufgelaufenen Überstunden sein (z.B. plus 25% analog zum Überstundenzuschlag), so empfiehlt es sich, auch dies vertraglich zugunsten des Arbeitnehmenden festzulegen.

Achtung: Die oben beschriebenen vertraglichen Möglichkeiten werden oft von sogenannten Gesamtarbeitsverträgen eingeschränkt. Als Arbeitgeber müssen Sie diese Verträge zwingend beachten. Bevor Sie also Überstunden oder Kompensationen in Ihren Arbeitsverträgen ausschliessen, sollten Sie prüfen, ob für Ihre Branche und Ihr Unternehmen ein Gesamtarbeitsvertrag gilt und, was dort in diesen Fragen zwingend geregelt ist.

Überstunden müssen angeordnet werden

Überstunden sind immer dann notwendig, wenn sie vom Arbeitgeber angeordnet werden. Sind die Überstunden angeordnet, so ist der Arbeitnehmende gemäss Art. 321c Abs. 1 Obligationenrecht zu ihrer Leistung auch verpflichtet. Andererseits wurden die Überstunden nicht angeordnet, so hat der Arbeitnehmenden auch keinen Anspruch auf eine Entschädigung.

In der Praxis stellt sich oft die Frage, was unter Anordnung der Überstunden genau zu verstehen ist und wie diese konkret zu erfolgen hat. Die «Anordnung» muss nämlich nicht immer explizit erfolgen. Dazu folgendes:

Die Anordnung kann auch durch nachträgliche Genehmigung und sogar stillschweigend erfolgen. Einer ausdrücklichen Anordnung von Überstundenarbeit gleichgesetzt ist es, wenn der Arbeitgeber von der Leistung der Überstunden wusste (oder hätte wissen müssen) und dagegen nicht eingeschritten ist. Das gilt selbst dann, wenn im Arbeitsvertrag nur ausdrücklich angeordnete Überstunden als abgeltungspflichtig bezeichnet werden.

Wenn Sie als Arbeitgeber also um die Überstundenarbeit Ihres Arbeitnehmers wissen oder wissen mussten und nichts dagegen unternehmen, gelten die Überstunden als angeordnet und damit genehmigt und sind folglich – sofern nichts anderes vereinbart ist – mit Zuschlag entschädigungspflichtig.

Es empfiehlt sich also dringend, als Arbeitgeber die Überstunden seiner Arbeitnehmenden sauber unter Kontrolle zu halten. Dazu empfehlen wir natürlich den Einsatz einer professionellen Zeiterfassungs-Software wie beispielsweise proles ;-).

Was bedeutet Ausgleichsarbeit?

Wird die normale Arbeit für kurze Zeit ausgesetzt, so darf der Arbeitgeber innert einer angemessenen Frist einen Ausgleich in Arbeit derselben Länge verlangen. Wir sprechen dann von Ausgleichsarbeit. Im Prinzip handelt es sich also um ein Nachholen verpasster Arbeitszeit oder um «Nachsitzen».

Dabei gilt es zu beachten:

  • Die Ausgleichsarbeit darf zur Zeit ihres Nachholens auch über die vertragliche Arbeitszeit hinausgehen, ohne dadurch als Überstundenarbeit zu gelten.
  • Die Ausgleichsarbeit muss in der Zeiterfassung protokolliert werden und als solche ersichtlich sein.

Typisches Beispiel: Ein Mitarbeitender verlässt seinen Arbeitsplatz für 3 Stunden, um einer privaten Verpflichtung nachzukommen. Seine Abwesenheit lässt sich nicht über die gleitende Arbeitszeit regeln und er nimmt dafür auch keine Ferien. Drei Wochen später arbeitet er in der fraglichen Woche statt der vertraglich vereinbarten 40 Stunden 43 Stunden, ohne dass daraus Überstundenarbeit entstehen würde.

Spezialfall «leitende Angestellte»

Leitende Angestellte sind Arbeitnehmende mit Kaderfunktion, welche grosse Entscheidungskompetenzen haben, in der Regel einen höheren Lohn beziehen sowie in ihrer Zeiteinteilung frei sind. Bei diesen Mitarbeitenden, bei welchen die Arbeitszeit oft nicht exakt nach Stunden definiert ist, wird in der Rechtspraxis davon ausgegangen, dass die Leistung eines höheren Pensums (eben der Überstunden) auch durch den höheren Lohn bereits abgegolten wird.

Leitende Angestellte haben nach neuerer bundesgerichtlicher Rechtsprechung nur dann einen Anspruch auf Bezahlung von Überstunden, wenn einer der folgenden Fälle gegeben ist:

  • Die Entschädigung von Überstunden wurde vertraglich vereinbart;
  • eine feste Arbeitszeit wurde vertraglich vereinbart;
  • dem leitenden Angestellten wurden zusätzliche Aufgaben übertragen; oder
  • die ganze Belegschaft leistet während längerer Zeit in wesentlichem Umfang Überstundenarbeit.

Als Arbeitgeber sollte man sich jedoch nicht auf die Qualifizierung als leitender Angestellter verlassen, sondern vorab eine klare Überstundenregelung in Verträgen für leitende Angestellte (das Kader) aufnehmen.

Wie verhält es sich mit Überzeit?

Überstunden sind zu unterscheiden von Überzeit

Überzeitstunden sind Arbeitsstunden, welche die gesetzliche Höchstarbeitszeit von 45 Stunden (für Arbeitnehmer in industriellen Betrieben sowie für Büropersonal, technische und andere Angestellte, einschliesslich des Verkaufspersonals in Grossbetrieben des Detailhandels) bzw. 50 Stunden (für alle übrigen Arbeitnehmer) pro Woche übersteigen.

Die Unterscheidung zwischen Überstunden und Überzeit ist da von Bedeutung, wo die Entschädigung für Überstundenarbeit vertraglich ausgeschlossen wurde. Das geht bei der Überzeit nämlich nicht. Gemäss Arbeitsgesetz muss die Überzeit zwingend mit einem Zuschlag von 25 % vergütet oder – wenn der Arbeitnehmende damit einverstanden ist – durch Freizeit von mindestens gleicher Dauer kompensiert werden. Eine Wegbedingung der Entschädigung für erbrachte Überzeit (mit Zuschlag) oder Kompensation wäre gegen das Arbeitsgesetz und somit ungültig.

Ausnahme: Das Gesetz unterscheidet zwischen «leitenden Angestellten» (Kader) und «höheren leitenden Angestellten» (Verwaltungsräte, Geschäftsführer etc.). Das Arbeitsgesetz gilt für höhere leitende Angestellte nicht. Diese können daher gar keine Überzeit arbeiten.

Da die Leistung von Überzeit – im Gegensatz zu den Überstunden – meist die Ausnahme bleibt, kann eine Regelung der Überzeit im Arbeitsvertrag vernachlässigt werden. Zumal dort kaum Spielraum für vertragliche Abweichungen vorhanden ist.

Maximal zulässig Überzeit

Je nach wöchentlicher Höchstarbeitszeit (gemäss Artikel 9 Absatz 1 Arbeitsgesetz) wird die maximal zulässige Überzeit in Artikel 12 Absatz 2 Arbeitsgesetz wie folgt festgelegt:

  • Sie beträgt maximal 170 Stunden pro Kalenderjahr für Arbeitnehmende mit einer wöchentlichen Höchstarbeitszeit von 45 Stunden (was für einen Grossteil der Dienstleistungsbranchen gilt).
  • Sie beträgt maximal 140 Stunden pro Kalenderjahr für Arbeitnehmende mit einer wöchentlichen Höchstarbeitszeit von 50 Stunden.

Ergänzend bestimmt Artikel 12 ArbG, dass an einem Arbeitstag die Überzeit nicht mehr als 2 Stunden betragen darf.

Ein Beispiel: In Ihrem Betrieb beträgt die wöchentliche Soll-Arbeitszeit 42 Stunden. Die Differenz von diesen 42 zu den 45 Stunden sind Überstunden (Überschreitung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit) und nicht Überzeit (Überschreitung der gesetzlich erlaubten Arbeitszeit).

Maximal dürfte also in Ihrem Betrieb ein Arbeitnehmender in einer 5 Tageswoche total 55 Stunden arbeiten. Das sind die 42 vertraglich vereinbarten Stunden plus die 3 Stunden bis zur Grenze der Überzeit und dann noch jeden Tag maximal 5x2 Stunden, also 10 Stunden Überzeit. Natürlich würde das nur wenige Wochen im Jahr funktionieren, weil sonst die maximal zulässigen 170/140 Stunden pro Kalenderjahr schnell überschritten würden.

Wann darf Überzeit gearbeitet werden?

Damit Überzeit (Überschreitung der gesetzlich erlaubten Arbeitszeit) gearbeitet werden darf, müssen bestimmte betriebliche Voraussetzungen erfüllt sein. Das Gesetz nennt in Artikel 12 Absatz 1 Arbeitsgesetz drei Gründe: 

  • Wegen Dringlichkeit der Arbeit oder bei ausserordentlich viel Arbeit.
  • Bei Inventuren, Rechnungsabschlüssen oder Liquidationsarbeiten.
  • Zur Vermeidung oder Beseitigung von Betriebsstörungen, sofern diese nicht durch andere Massnahmen beseitigt werden können.

Diese drei Gründe sind vom Gesetzgeber absichtlich vage formuliert, so dass einiges an Spielraum für die Umsetzung besteht. In der Praxis werden sich die meisten betrieblichen Bedürfnisse einem der drei gesetzlichen Voraussetzungen zuordnen lassen.

Wichtig: Überzeitarbeit muss grundsätzlich nicht von einer Behörde bewilligt werden. Findet sie hingegen in der Nacht (Artikel 16 ArbG) oder an Sonntagen (Artikel 18 ArbG) statt, dann ist sie bewilligungspflichtig.

Überzeit darf durch Freizeit abgegolten werden

Unter diesen drei Voraussetzungen (Artikel 13 Arbeitsgesetz) darf Überzeit (Überschreitung der gesetzlich erlaubten Arbeitszeit) durch Freizeit abgegolten werden:

  • Der betroffene Arbeitnehmende muss damit einverstanden sein;
  • Die Überzeit muss durch Freizeit von gleicher Dauer kompensiert werden;
  • Die Kompensation muss innert eines «angemessenen Zeitraums» ermöglicht werden. Praktisch wohl innert eines Kalenderjahres.

Ist also z.B. der Arbeitnehmende mit einer Abgeltung durch Freizeit nicht einverstanden, so hat er Anspruch auf einen Lohnzuschlag von mindestens 25% auf seinen normalen Lohn. Oder die gearbeitete Überzeit lässt sich nicht im gleichen Jahr, sondern erst viel später einziehen, dann hat der Arbeitnehmende auch einen Anspruch auf den Lohnzuschlag von 25%.

Lohnzuschläge für Überzeit

Für Überzeit (Überschreitung der gesetzlich erlaubten Arbeitszeit) ist gemäss Artikel 13 Arbeitsgesetz ein Lohnzuschlag von mindestens 25% auf den normalen Lohn geschuldet.

Mit zwei Einschränkungen:

  • Für Büropersonal, technische und andere Angestellte und für Verkaufspersonal ist erst ab einer Überzeit von 60 Stunden in einem Kalenderjahr der Lohnzuschlag zu bezahlen. D.h. bis zu einer Überzeit von 60 Stunden muss kein Zuschlag, sondern nur der «normale» Lohn bezahlt werden.
  • Willigt der Mitarbeitende in eine Kompensation der Überzeit durch Freizeit von gleicher Dauer ein, so ist kein Lohnzuschlag geschuldet.

Was Sie in Ihren Arbeitsverträgen sicher regeln sollten

Als Zusammenfassung aus den obigen Ausführungen empfehlen wir folgende Regelungen in den Arbeitsverträgen in Ihrem Unternehmen.

Bei höheren leitenden Angestellten. Also beispielsweise bei einem angestellten Geschäftsführer:

  • Stellen Sie im Vertrag fest, dass es sich beim Geschäftsführer um einen höheren leitenden Angestellten im Sinne des Arbeitsgesetzes handelt und, dass dieser als Folge davon, weder Anspruch auf Entschädigung von Überstunden noch von Überzeit hat.

Bei leitenden Angestellten (Ihrem Kader):

  • Definieren Sie im Arbeitsvertrag, dass Überstunden bereits mit dem üblichen Lohn abgegolten sind.

Bei allen anderen Angestellten:

  • Legen Sie im Arbeitsvertrag fest, ob und wie Überstunden vergütet werden oder ob Überstunden mit Freizeit von gleicher Dauer zu kompensieren sind.
  • Falls Sie eine Abgeltung für Überstunden nicht ausschliessen: Legen Sie im Arbeitsvertrag fest, dass die Überstunden monatlich gemeldet werden müssen. Am besten auch dann, wenn sie bereits in einer Software protokolliert wurden. Damit schärfen Sie das Bewusstsein für Überstunden in Ihrem Unternehmen ganz generell.
  • Falls Überstunden mit Freizeit von gleicher Dauer zu kompensieren sind: Definieren Sie den Kompensationszeitpunkt (Anordnung durch Arbeitgeber oder Wahl durch den Arbeitnehmer und die Frist, bis wann die Kompensation zu erfolgen hat).